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Vertreter gesetzlicher Krankenkassen setzen sich für höhere Bundeszuschüsse ein und begründen dies mit Verweis auf versicherungsfremde Leistungen für Bürgergeldbeziehende. Ein Vergleich mit der Versorgung von Hilfebedürftigen in der PKV führt jedoch in die Irre.

Der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) fehlen nach eigenen Angaben rund 9 Milliarden Euro pro Jahr allein dadurch, dass der Bund ihr zu geringe Krankenversicherungsbeiträge für die Bürgergeldbeziehenden zahlt. Die Krankenkassen fordern daher, dass diese Ausgaben nicht länger zu Lasten der GKV-Beitragszahler finanziert werden, sondern dass der Bund kostendeckende Beitragszuschüsse überweist.

Die Private Krankenversicherung (PKV) setzt sich ebenso wie die GKV dafür ein, dass die Versicherten nicht mit versicherungsfremden Leistungen belastet werden. So ist es auch aus Sicht der PKV eindeutig eine staatliche Aufgabe, das Existenzminimum von bedürftigen Menschen zu sichern. Die nachgewiesenen Kosten solcher versicherungsfremden Leistungen müssen daher aus dem Bundeshaushalt erstattet werden.

Privatversicherte zahlen für Hilfebedürftige deutlich mehr

Der Versuch einiger GKV-Vertreter, ihr Anliegen höherer Bundeszuschüsse durch Vergleiche mit der Versorgung von Bürgergeldbeziehenden in der PKV zu begründen, führen allerdings in die Irre. So ist die u.a. von TK-Chef Jens Baas aufgestellte Behauptung, Privatversicherte zahlten keinen Beitrag zur Versorgung von Bürgergeldberechtigten, nachweislich falsch.

Die Solidargemeinschaft der Privatversicherten zahlt für Hilfebedürftige pro Kopf sogar deutlich mehr als die GKV-Versicherten. Nach Angaben des GKV-Spitzenverbandes wären dort zur Kostendeckung 311 Euro erforderlich, wobei der Bund der GKV eine Monatspauschale von 108 Euro zahle, sodass ein Zuschussbedarf von 204 Euro pro Kopf bestehe.

Zum Vergleich: Jeder Hilfebedürftige im Basistarif der PKV wird zunächst durch die Halbierung seines Beitrags unterstützt, das sind pro Kopf bis zu 421 Euro im Monat, bezahlt von den PKV-Versicherten. Nur für einen kleinen Teil der Hilfebedürftigen im Basistarif kommen die Sozialbehörden ins Spiel. Der weitaus größte Teil der Entlastungen für Hilfebedürftige in der PKV wird durch die Solidargemeinschaft der 8,7 Millionen Privatversicherten erbracht.

Die Daten zur PKV: Im Basistarif gibt es 34.100 Versicherte (Stand Ende 2022). Etwa 60 Prozent der Versicherten im Basistarif sind hilfebedürftig. Sie werden durch eine Halbierung des Beitrags unterstützt, bezahlt von der Gemeinschaft der Privatversicherten. Etwa 25 Prozent der Basistarif-Versicherten erhalten darüber hinaus einen Beitragsanteil von der Sozialbehörde. Und weniger als 10 Prozent der Basistarif-Versicherten erhalten dabei den Höchstbetrag bis zu 421,76 € (den GKV-Vertreter als Vergleichswert für Bürgergeldbeziehende in der PKV ins Spiel gebracht haben).

Bund verlagert Pflicht zur Sicherung des Existenzminimums auf die gesetzlich Versicherten

So kritisiert der Verwaltungsrat der Krankenkasse DAK am 21.6.24 in einer Resolution die Ungerechtigkeit bei der Finanzierung der Kosten für Bürgergeldbeziehende, weil die Zahlungen des Bundes aus Steuermitteln nachweislich nicht kostendeckend seien. Die DAK verbindet diese verständliche Kritik allerdings mit der falschen Behauptung, bei einem Privatversicherten als Bürgergeldempfänger „zahlt der Staat der Versicherung dafür 420 Euro monatlich im Basistarif“. Wie oben erläutert, entsteht ein derart hoher Zuschuss nur bei weniger als zehn Prozent der Basistarif-Versicherten. 

Das beklagte Gerechtigkeitsdefizit bei den Bundeszuschüssen wird von der DAK also massiv überschätzt. Das Problem entsteht allein dadurch, dass der Bund seine Pflicht zur Sicherung des Existenzminimums auf die gesetzlich Versicherten verlagert. Dasselbe gilt für die Finanzierung des geplanten Transformationsfonds im Zuge der Krankenhausreform. Dieser falsche und verfassungswidrige Finanzierungsweg würde nicht geheilt, wenn der Verfassungsverstoß auf die PKV ausgedehnt würde. Juristische Gutachten bestätigen, dass Eingriffe in die zivilrechtlichen Verträge der Privatversicherten zur Bezahlung staatlicher Aufgaben eindeutig verfassungswidrig wären. 

Zu einer vollständigen Betrachtung gehört auch die Tatsache, dass die GKV anteilig weitaus mehr Bürgergeldberechtigte versorgt als die PKV, sodass die Gesamtbelastung dort deutlich höher zu Buche schlägt.

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