Zur heutigen Verabschiedung der Pflegereform im Bundestag erklärt die „Initiative für eine nachhaltige und generationengerechte Pflegereform“, ein Bündnis von 8 Verbänden aus der Wirtschaft und aus der Pflege:
„Die in dieser Legislaturperiode in den üblichen parlamentarischen Verfahren nicht zustande gekommene große Pflegereform ist nunmehr in Teilen und unter großem Zeitdruck noch vor der Sommerpause verabschiedet worden. Sie sieht Leistungsausweitungen vor, ohne ausreichende Gegenfinanzierung und ohne nachhaltige Finanzierungsstrategie für unsere alternde Gesellschaft. Das sind im Einzelnen:
- Die geplanten Leistungsausweitungen (u. a. Zuschuss zu Eigenanteilen bei stationärer Pflege, Bezahlung der Pflegekräfte nach Tariflohn, Erhöhung der Sachleistungen) sind unterfinanziert und werden kurzfristig zu Beitragssatzsteigerungen führen. Mehrausgaben von 3,14 Mrd. Euro nach Schätzungen des BMG stehen nur ein Steuerzuschuss von 1 Mrd. Euro und Beitragsmehreinnahmen von 400 Mio. Euro infolge der Erhöhung des Beitragszuschlags für Kinderlose um 0,1 Prozentpunkte gegenüber.
- Mit Blick auf die demografische Entwicklung handelt es sich um eine Leistungsausweitung ohne nachhaltige Finanzierungsperspektive. Sie vergrößert das Defizit an Generationengerechtigkeit im Umlageverfahren und wird weitere Beitragssatzanstiege auf Dauer zur Folge haben.
- Die Einführung eines dauerhaften Steuerzuschusses zur Sozialen Pflegeversicherung wurde in einer früheren Fassung der Änderungsanträge noch mit versicherungsfremden Leistungen begründet. Diese Begründung ist nun entfallen. Der Steuerzuschuss wird damit zur Finanzierung von Leistungsausweitungen instrumentalisiert. Das Fehlen eines konkreten Sachbezugs ist ein Einfallstor für dauerhaft wachsende Belastungen des Bundeshaushalts und stößt auf verfassungsrechtliche Bedenken, zumal die Private Pflegeversicherung als zweite Säule der gesetzlichen Pflegepflichtversicherung ausgeklammert wird.
- Hinzu kommt Überregulierung durch die Verpflichtung der Pflegeeinrichtungen, nach Tarif zu bezahlen. Die Bezahlung in der Pflege steigt ohnehin. Laut Destatis stiegen die Bruttomonatsverdienste von Fachkräften in Altenheimen seit 2010 um 32,8 Prozent und von Fachkräften in Pflegeheimen sogar um 38,6 Prozent. Dies ist ein deutlich stärkerer Anstieg als in der Gesamtwirtschaft (Produzierendes Gewerbe und Dienstleistungen) mit nur 21,2 Prozent.
Angesichts dieser zusätzlichen Finanzierungslasten hätte eine derartige Reform gründlich beraten werden müssen.