Mit der Wortschöpfung „Solidaritätsverschränkung“ wirbt Bundeskanzler Olaf Scholz für einen Finanzausgleich zwischen Sozialer und Privater Pflegeversicherung. Damit, so verspricht er, könnten die Beiträge für gesetzlich Versicherte deutlich gesenkt werden. Stimmt das? Wir haben nachgerechnet.

„Wenn wir die privaten und gesetzlichen Kassen verschränken […] dann wird es billiger für uns alle“, so versprach es Bundeskanzler Olaf Scholz unter dem Begriff „Solidaritätsverschränkung“ Anfang Februar im Kanzlerduell mit Blick auf die Pflegeversicherung. Gemeint ist die Idee eines Finanzausgleichs zwischen den beiden Versicherungssystemen. Dieses theoretische Modell wurde schon mehrfach in den vergangenen Jahrzehnten von rot-grünen und schwarz-roten Koalitionen diskutiert. Ein offizieller Prüfauftrag der Bundesregierung endete schon 2006 mit dem Ergebnis, dass dies verfassungswidrig wäre. Zuletzt bescheinigte der Rechtswissenschaftler Prof. Hanno Kube von der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg dem Vorhaben im Jahr 2022 dem Vorhaben eine verfassungsrechtliche Unzulässigkeit.
Doch einmal angenommen, ein solcher Finanzausgleich ließe sich rechtlich durchsetzen: Wäre das Versprechen zu halten, die Beitragszahler in der Sozialen Pflegeversicherung (SPV) spürbar zu entlasten? Die Antwort lautet nein. Ein solcher Ausgleich würde für gesetzlich Versicherte durchschnittlich zu einer Einsparung von gerade einmal 1,41 Euro pro Monat führen. Da bei Angestellten die Hälfte vom Arbeitgeber getragen wird, wären es für sie sogar nur 70 Cent. Bei unteren Einkommen wären die Einsparungen sogar noch geringer. Bein einem Jahresgehalt von 20.000 Euro wären es nur 87 Cent pro Monat bzw. 43 Cent bei Angestellten. Diese Zahlen dürften eigentlich niemanden verwundern. Denn schon auf den ersten Blick dürfte klar werden, dass 10 Prozent Privatversicherte nicht die Probleme eines Systems lösen können, in dem 90 Prozent der Bevölkerung versichert sind.
Wie kommt die Berechnung zu Stande? Die gesetzlichen Pflegekassen gehen von Ausgleichszahlungen in Höhe von bis zu 2 Milliarden Euro jährlich aus. Von dieser Summe spricht auch der Bericht der Bundesregierung zur Pflegefinanzierung.
Von den 9,17 Millionen privat Pflegeversicherten sind über 55 Prozent beihilfeberechtigte Personen. Diese erhalten im Pflegefall rund 70 Prozent der Leistungen von den Beihilfestellen. Berücksichtig man das Versicherten- und Leistungsverhältnis zwischen Privatversicherten, die im Pflegefall vollständig ihre Pflegeleistungen von der PKV erhielten, und beihilfeberechtigten Privatversicherten, die im Pflegefall überwiegend ihre Pflegeleistungen von der Beihilfe (ca. 70 Prozent) bekämen, dann müsste das von des Pflegekassen geforderte Ausgleichsvolumen in Höhe von 2 Milliarden Euro anteilig in Höhe von 1,015 Milliarden Euro den Beihilfestellen in Deutschland und in Höhe von 0,985 Milliarden Euro von der privaten Pflegepflichtversicherung getragen werden
Dass die Beihilfestellen aus Ländern und Bund aus Steuergeldern zum Finanzausgleich beitragen würden, ist praktisch ausgeschlossen. Zur Beitragssenkung in der SPV stände demzufolge nur noch eine Ausgleichsvolumen von 0,985 Mrd. € jährlich zur Verfügung. Bei rund 58,3 Millionen Mitgliedern in der SPV entspräche diese Summe ungefähr eine durchschnittliche monatliche Beitragsreduktion von den bereits genannten 1,41 Euro. Für Angestellte bliebe demzufolge nach Abzug des Arbeitgeberanteils nur 70 Euro-Cent übrig.