Die Finanzierungsprobleme der GKV drohen, die Arbeitgeber in Deutschland schwer zu belasten. Wir haben für zwei Branchen berechnet, wie sich ein absehbar steigender Zusatzbeitrag auswirken würde. Doch wer meint, dass das Problem mit steigenden Bundeszuschüssen gelöst werden kann, irrt gewaltig.
Die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) steht nicht nur 2023, sondern dauerhaft vor Finanzproblemen. Die Bundesregierung prognostiziert durch den medizinisch-technischen Fortschritt und den demografischen Wandel für die kommenden Jahre einen Beitragssatzanstieg um 0,2 bis 0,3 Prozentpunkte jährlich. Das führt zu milliardenschweren Zusatzbelastungen für die Arbeitgeber. Wie gravierend sie sich auswirken, haben wir am Beispiel zweier realer Unternehmen durchgerechnet.
Beispiel aus der Automobil-Industrie
Was würde der Kostenanstieg in der Gesetzlichen Krankenversicherung für eine konkrete Produktionsstätte in der deutschen Automotive-Industrie bedeuten? Ihre rund 7.000 Beschäftigten verdienen ein Durchschnittseinkommen von derzeit 73.162 Euro Jahresbrutto. In der Summe der unterschiedlichen Gehaltsgruppen würden die GKV-Lohnzusatzkosten dieses realen Unternehmens von heute 31,3 Millionen Euro im Jahr nach der zitierten Prognose der Bundesregierung bis 2030 um 9,3 bis 10,9 Millionen Euro pro Jahr ansteigen. Das wären zusätzliche Kostenbelastungen von 30 bis 35 Prozent.
Beispiel aus der IT-Branche
Ein Software-Unternehmen mit Sitz in Bayern und 34 hochqualifizierten Mitarbeitern und einem Durchschnittseinkommen von 89.745 Euro zahlt derzeit insgesamt rund 125.000 Euro im Jahr als Arbeitgeberbeiträge zur Krankenversicherung. Diese Lohnzusatzkosten würden nach der Prognose der Bundesregierung bis 2030 um 32 bis 37 Prozent ansteigen – das wären pro Jahr zusätzlich 40.000 bis über 46.000 Euro.
Kein Wunder also, dass Arbeitgeberverbände alarmiert reagieren und auf Reformen in der Gesetzlichen Krankenversicherung drängen. Wenn es in der GKV nicht zu echten Kosten- und Strukturreformen kommt, werden die Arbeitgeber immer tiefer in die Tasche greifen müssen. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft wird direkt und indirekt gefährdet – selbst dann, wenn statt der eigentlich notwendigen Erhöhung der GKV-Beitragssätze weitere Milliardenzuschüsse aus dem Bundeshaushalt gezahlt würden.
Ökonomen warnen vor „Arbeitgeber-Illusion“
Die Gesundheitsökonomen Prof. Volker Ulrich und Prof. Eberhard Wille weisen in einer Studie auf die wirtschaftspolitischen Gefahren der Steuerfinanzierung von Sozialversicherungssystemen hin. Dabei warnen sie auch vor einer „Arbeitgeberillusion“. Denn wenn die GKV-Beitragssätze durch Staatszuschüsse künstlich stabilisiert würden, wären zwar auf dem Papier die Lohnzusatzkosten begrenzt, doch die Arbeitgeber seien dann wiederum als Steuerzahler zusätzlich belastet.