Nach dem Fahrplan von Gesundheitsminister Lauterbach soll demnächst die Finanzierung der Pflegeversicherung reformiert werden. Was kann die PKV dazu beitragen?
Wir sind meines Wissens der einzige Verband, der ein eigenes Konzept zur nachhaltigen Reform der Pflegefinanzierung vorlegt hat, den „Neuen Generationenvertrag für die Pflege“. Damit würde für die Älteren eine gewisse Dynamisierung der Pflege-Leistungen eingeführt und für die Jüngeren eine zusätzliche finanzielle Vorsorge gefördert – sodass der Beitragssatz zur Sozialen Pflegeversicherung stabilisiert werden kann.
Der Gesetzgeber könnte zudem mit vergleichsweise geringem Aufwand die private Pflege-Vorsorge stärken, etwa durch die steuerliche Abzugsfähigkeit der Beiträge. Auch betriebliche Pflegeversicherungen, in denen die Arbeitgeber einen Zusatzschutz für ihre Belegschaften organisieren, könnten sehr schnell sehr viele Menschen besser absichern. Dafür gibt es ein sehr erfolgreiches Beispiel der Tarifpartner in der Chemie-Industrie. Da gibt es also viele konkrete Ansatzpunkte, wie Deutschland die Pflege stabiler absichern kann.
Große Sorge macht mir hingegen die von manchen Politikern als vermeintliche Lösung gewünschte Flucht in zusätzliche Bundeszuschüsse zur Pflege- und Krankenversicherung. Das bedeutet nur zusätzliche Schulden und noch mehr zusätzliche Lasten auf den Schultern der nachfolgenden Generation. So eine Sozialpolitik auf Pump hätte heftigen Widerstand verdient. Je mehr das Gesundheitswesen von Geld aus der Staatskasse abhängt, desto mehr droht eine Medizin und Pflege „nach Kassenlage“. Wohin das führen kann, lässt sich an dem abschreckenden Beispiel Großbritannien besichtigen.
Sie haben unlängst die neuesten Geschäftsdaten der Branche für 2022 veröffentlicht. Sind Sie mit der Entwicklung zufrieden?
Erfreulich ist unser Plus, dass nunmehr schon fünf Jahre in Folge mehr Menschen von der Gesetzlichen in die Private Krankenversicherung wechseln als umgekehrt. Und auch in der Zusatzversicherung gab es ein Wachstum um mehr als 2 Prozent auf insgesamt gut 29 Millionen Verträge.
Unerfreulich ist, dass immer noch viel zu vielen Arbeitnehmern die Wahlfreiheit vorenthalten wird, ob sie sich für eine Gesetzliche oder Private Krankenversicherung entscheiden wollen. Denn die vom Gesetzgeber verhängte Versicherungspflichtgrenze wurde in den letzten 10 Jahren um fast 30 Prozent erhöht auf aktuell 66.600 Euro Jahresbruttoeinkommen. So muss ein Arbeitnehmer heute 14.400 Euro mehr verdienen als vor zehn Jahren, um in die PKV wechseln zu können.
Dass jedes Jahr fast 300.000 Versicherte zwischen den beiden Systemen wechseln, belegt einen funktionierenden Wettbewerb. Das ist gut für die Qualität des Gesundheitswesens, denn es motiviert GKV und PKV gleichermaßen, stetig besser zu werden, um die Versicherten zu überzeugen. So ist es kein Zufall, dass Deutschland bei medizinischen Innovationen im europäischen Vergleich oft weit vorne liegt. Hier weise ich natürlich gerne darauf hin, dass neue Behandlungsmethoden und Medikamente in der PKV zumeist deutlich früher erstattet werden als in der GKV. Unter dem Strich kommt dieser Wettbewerb im dualen System aber allen Patienten zu Gute – egal wie sie versichert sind.