Spezialisierte Apotheken profitieren bei der Herstellung von Krebsmedikamenten für Privatversicherte von sehr hohen Rabatten. Der Verband der Privaten Krankenversicherung fordert eine faire Beteiligung der Privatversicherten an den Einkaufsvorteilen der Apotheker.
Sehr hohe Zytostatika-Abrechnungen sorgen immer wieder für Verärgerung bei Privatversicherten. Im Interview erklärt der stellvertretende Verbandsdirektor Joachim Patt, wie die Versicherten und ihre Angehörigen entlastet werden könnten.
Herr Patt, Zytostatika herstellende Apotheken erzielen bei der Zubereitung für Privatversicherte sehr hohe Gewinne. Warum müssen krebskranke Privatversicherte in der Apotheke deutlich überhöhte Preise für ihre Krebsmedikamente zahlen?
Pharmazeutische Unternehmen gewähren den Apotheken beim Kauf der Wirkstoffe über den Großhandel teilweise sehr hohe Rabatte. Diese Rabatte geben die Apotheken aber nicht an die Patienten weiter, sondern pochen auf die offiziellen Preise nach der Arzneimittelpreisverordnung. Privatversicherte müssen deshalb die regulären Listenpreise für ihre patientenindividuell zubereiteten Infusionslösungen zahlen. Diese liegen weit über den tatsächlichen Einkaufspreisen der Apotheken. Das führt dazu, dass die Kosten für Privatversicherte oft um Hunderte bis Tausende Euro zu hoch angesetzt werden. Das ist unfair und muss endlich beendet werden.
Warum können die Apotheken bei Privatpatienten für Zytostatika höhere Preise als bei Kassenpatienten abrechnen?
In der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gibt es die so genannte Hilfstaxe. Dies ist ein Vertrag zwischen dem GKV-Spitzenverband und dem Deutschen Apothekerverband e.V. (DAV). In der Hilfstaxe werden Preise vereinbart, die für die Preisberechnung bei der Abgabe von Stoffen und Rezepturen als Grundlage dienen. In den Anlagen der Hilfstaxe, die regelmäßig aktualisiert werden, sind dann deutlich günstigere Preise hinterlegt, die den tatsächlichen Einkaufspreisen der Apotheken näher kommen. Sie sind für die Apotheken bindend und basieren auf den Durchschnittspreisen der verschiedenen Großhändler. In der PKV hingegen gilt die Hilfstaxe nicht. Dies führt dazu, dass für Privatversicherte sehr viel höhere Preise als für gesetzlich Versicherte verlangt werden.
Die Preisunterschiede bei den Krebsmedikamenten sind enorm. Können Sie uns ein Beispiel geben?
Sehr imposant ist zum Beispiel der Preis für den Wirkstoff Bevacizumab. Bei Bevacizumab handelt es sich um einen humanisierten monoklonalen Antikörper, der zur Behandlung von sechs verschiedenen Krebserkrankungen zugelassen ist. Auch in der Augenheilkunde wird der Wirkstoff eingesetzt. In der GKV werden für den Wirkstoff gemäß der Hilfstaxe aktuell 1.494,42 Euro aufgerufen. In der PKV liegt der Preis jedoch mit 3.581,04 Euro mehr als doppelt so hoch. Das ist eine Fehlentwicklung, die mit der Einheitlichkeit des Apothekenabgabepreises nach § 78 des Arzneimittelgesetzes (AMG) unvereinbar ist und dringend korrigiert werden muss.
Wie könnte die Bundesregierung diese teure Ungleichbehandlung bei der Preisbildung beenden?
Wir sehen hier einen dringenden gesetzgeberischen Handlungsbedarf, sachliche Gründe für die Benachteiligung der PKV-Versicherten gibt es nicht. Unsere Versicherten müssen an den erheblichen Einkaufsvorteilen der Zytostatika-Apotheken teilhaben können. Dies würde zu Einsparungen im dreistelligen Millionenbereich führen und die Versichertengemeinschaft der Privatversicherten spürbar entlasten. Umgesetzt werden könnte dies im vom Bundesgesundheitsministerium vorgelegten Entwurf für ein Apotheken-Reformgesetz. Hier könnte beispielsweise geregelt werden, dass die PKV in die Hilfstaxe einbezogen wird. Dies schlagen wir auch in unserer Stellungnahme vor.