Ob sich Fachkräfte in einer bestimmten Region niederlassen, hängt von vielen Faktoren ab. Das wurde auf einer Fachdiskussion in Frankfurt am Main am Beispiel von Hessen deutlich. Einig waren sich die Diskutanten darin, dass die medizinische Versorgung vor Ort eine zentrale Rolle spielt.
Die Pandemie hat gezeigt, wie wichtig eine gute Versorgung ist
Die Pandemie habe deutlich gemacht, wie wichtig eine gute wohnortnahe medizinische Versorgung vor Ort sei, sagte der hessische Ministerpräsident Boris Rhein gleich zu Beginn in seinem Grußwort. Sie sei auch ein wichtiger Standortfaktor, wenn es darum gehe, Fachkräfte zu gewinnen. In diesem Zusammenhang verwies er auf die Einführung der Landarztquote in Hessen und betonte zugleich den „wichtigen Beitrag, den Privatversicherte in den ländlichen Regionen zur Sicherung der Praxen“ leisteten. Daher müsse das duale System aus gesetzlicher und privater Krankenversicherung erhalten bleiben.
Unterstützung in diesem Punkt erhielt Rhein von Stefan Naas, dem FDP-Spitzenkandidaten für die Landtagswahl in Hessen. Die PKV müsse zwingend bestehen bleiben. Gleichzeitig zeigte er sich fassungslos, dass die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) seit den 1980er Jahren von der Politik nicht modernisiert worden sei. Denn eine leistungsgerechte Bezahlung sei zentral für die medizinische Versorgung.
Private Krankenversicherung als stabilisierender Faktor
Mit diesem Punkt rannte er bei Ellen Lundershausen, Vizepräsidentin der Bundesärztekammer (BÄK), offene Türen ein. Sie appellierte eindringlich an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, den zwischen BÄK und PKV entwickelten Entwurf für einen neue GOÄ umzusetzen: „30 Jahre Stillstand sind genug. Der Ärzteschaft reicht es an dieser Stelle.“ Der gemeinsam ausgearbeitete Vorschlag sicherere ein auskömmliches Honorar und überfordere keine Seite.
Lundershausen, die bis vor kurzem selbst noch als Hals-Nasen-Ohren-Ärztin praktiziert hat, schilderte die besondere Rolle der PKV aus Mediziner-Sicht: Arztpraxen seien auf eine Mischkalkulation aus der Vergütung für die Behandlung von privat und gesetzlich Versicherten angewiesen. Nur so seien die Praxen als mittelständische Unternehmen zu betreiben: „Ich sehe die Private Krankenversicherung deswegen als stabilisierenden Faktor für die ländliche Versorgung“. Für die Sicherstellung der Versorgung sei das duale Versicherungssystem in der Krankenversicherung zwingend notwendig. Im Gegensatz zu Einheitssystemen habe es sich im internationalen Vergleich bewährt.
Und auch der sozialpolitische Sprecher der hessischen CDU-Landtagsfraktion, Ralf-Norbert Bartelt, sprach sich gegen zu viel staatliche Regulierung aus: „Die ambulante medizinische Versorgung muss auch in Zukunft Aufgabe der freiberuflich tätigen niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte und nicht irgendwelcher staatlicher Organisationen sein.“
Wie die Versorgung vor Ort konkret aussieht, konnte Simke Ried aus erster Hand schildern. Die Bürgermeisterin der Stadt Homberg (Ohm) berichtete, dass bei zwei der vier Arztpraxen der 7.500-Einwohner-Stadt die Nachfolgeregelung ungeklärt sei.
Ähnlich schwierig sieht die Situation im stationären Bereich aus: Philipp Schlerkmann, Geschäftsführer des Sana-Klinikums Offenbach, sprach von einer dramatischen Lage der Krankenhäuser. Dabei bezog er sich einerseits auf die finanzielle Situation und unterstützte deshalb die Forderung der Krankenhausbranche nach einem Inflationsausgleich. Andererseits bezeichnete er auch den Fachkräftemangel in seiner Klinik als großes Problem.
PKV-Verbandsdirektor Florian Reuther folgert daraus, dass die medizinische Versorgung vor Ort für die Standortattraktivität einer Region mindestens genauso wichtig sei wie ein moderner Breitbandanschluss oder eine gute Verkehrsanbindung Gerade die neuen Daten des PKV-Regionalatlasses Hessen zeigten, dass die Private Krankenversicherung hier wichtige Unterstützung leiste.