Meldung 23. April 2025

Bis eine von der neuen Koalition geplante Kommission Vorschläge zur Stabilisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung vorlegt, wird es noch dauern. Für die Zwischenzeit warnen Experten vor Beitragssteigerungen. Neue Berechnungen zeigen, welche Kosten auf die Beitragszahler zukommen könnten.

Union und SPD wollen die steigenden Ausgabendynamik in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) stoppen und die strukturelle Lücke zwischen Ausgaben und Einnahmen schließen. So heißt es im Koalitionsvertrag. Vorschläge, wie das funktionieren kann, soll eine Kommission bis zum Frühjahr 2027 vorlegen.

Und in der Zwischenzeit? Mehre Experten sagen weitere Beitragserhöhungen voraus. Denn genau wie die Private Krankenversicherung ist auch die GKV von stark steigenden Leistungsausgaben betroffen. Hinzu kommt im umlagefinanzierten System der gesetzlichen Kassen ein zusätzlicher Finanzierungsdruck durch die alternde Bevölkerung. So sagt etwa der renommierte Gesundheitsökonom Jürgen Wasem: „Ich erwarte, dass die Krankenkassenbeiträge ohne Reformen in den kommenden zwei Jahren jeweils um rund 0,2 Beitragssatzpunkte steigen.“ Noch pessimistischer ist der Chef der Techniker Krankenkasse, Jens Baas. Im Interview mit der WELT vom April 2025 sagte er: „Ich rechne zum kommenden Jahreswechsel mit einem durchschnittlichen Anstieg von 0,3 bis 0,5 Beitragssatzpunkten in der GKV.“ Aber auch einen Anstieg von 0,6 Punkten hält er für denkbar. 

Über 1.000 Euro höhere Beiträge für Beschäftigte

Für die Beitragszahler sind diese Zahlen zunächst abstrakt. Wie hoch die zusätzlichen Belastungen zum Beispiel für Durchschnittsverdiener und Beschäftigte mit einem Einkommen an der Beitragsbemessungsgrenze tatsächlich wären, wird deutlich, wenn man sich die Eurobeträge anschaut: Geht man von der günstigsten Prognose von Professor Wasem aus – also eine Steigerung des Beitragssatzes um 0,2 Prozentpunkte – dann müssten Beschäftige mit einem Durchschnittseinkommen ab Januar 492 Euro pro Jahr zusätzlich zahlen. Bei einem Einkommen an der Beitragsbemessungsgrenze (BBG) wären es schon 528 Euro. Sollte sich hingegen die pessimistischste Voraussage von TK-Chef Baas bewahrheiten, also 0,6 Punkte mehr, kommen auf Durchschnittsverdiener 794 Euro Mehrkosten zu, auf Verdiener an der BBG sogar 1.031 Euro. Grundlage für diese Berechnungen ist die Annahme, dass sich BBG und Durchschnittseinkommen genauso entwickeln wie im Durchschnitt der letzten 10 Jahre.

Nachteil für den Wirtschaftsstandort Deutschland

Diese Zahlen zeigen, wie dringend hier eine Lösung gefunden werden muss. Denn die Mehrausgaben belasten nicht nur die privaten Haushalte, sondern haben auch direkt steigende Lohnzusatzkosten und damit eine Mehrbelastung der Unternehmen in Deutschland zur Folge. Der Ökonom Nicolas Ziebarth vom Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) sagt sogar: „Die steigenden Sozialbeiträge sind heute eine der drängendsten Herausforderungen für die deutsche Wirtschaft. Studien legen nahe, dass pro Sozialbeitragssatzpunkt mit 50.000 bis 100.000 Arbeitsplätzen weniger pro Jahr zu rechnen ist." Das sei aber nur ein Annäherungswert, so Ziebarth. 

Wie stark steigende Kassenbeiträge die Unternehmen in Deutschland belasten, können Arbeitgeber  mit einem Online-Tool der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft individuell für ihren Betrieb berechnen lassen: 

Arbeitgeber-Belastungs-Rechner