Interview 21. September 2023

Eine Abrechnungsempfehlung garantiert privat Krankenversicherten eine Parodontitis-Behandlung nach neuesten wissenschaftlichen Standards - und sichert Ärztinnen und Ärzten eine leistungsorientierte Vergütung, erläutert die Vizepräsidentin der Bundeszahnärztekammer Dr. Romy Ermler.

Video Thumbnail

Dr. Romy Ermler, was genau ist eine Parodontitis eigentlich?

Die Parodontitis ist eine chronische Entzündung des Zahnhalteapparates. Sie wird durch Plaque-Bakterien ausgelöst: Diese siedeln sich in der sogenannten Alveole an, in der der Zahn aufgehängt ist. Irgendwann rutschen sie unter das Zahnfleisch und verursachen dort eine Entzündung. Wird die Plaque nicht entfernt, kann die Entzündung den Halteapparat angreifen – und es kann bis zur Zahnlockerung kommen.

Wie lange dauert die Behandlung? Kann sie irgendwann abgeschlossen werden?

Die Behandlung ist sehr komplex. Und nein: Es gibt keine Parodontitis-Patienten, die wir als geheilt entlassen können. Schließlich ist die Parodontitis eine chronische Erkrankung. Wir können aber die Symptome zum Rückgang zwingen und die Bakterien im Mund minimieren. Dies müssen die Patientinnen und Patienten jedoch regelmäßig kontrollieren lassen.

„Keine Abrechnungsschwierigkeiten mit der Versicherung.“

Mittlerweile gibt es eine neue wissenschaftliche Leitlinie zur Parodontitis – und eine neue Abrechnungsempfehlung zwischen PKV, Beihilfe und Bundeszahnärztekammer. Was verbirgt sich dahinter?

Die Leitlinie ist nach neuesten wissenschaftlichen Standards erstellt worden. Sie fasst zusammen, was für eine Parodontitisbehandlung wirklich wichtig ist und wie die Behandlung ablaufen sollte. Die auf dieser Basis erstellte Abrechnungsempfehlung führt für uns in der Praxis zu weniger Bürokratie. Und unsere Patientinnen und Patienten haben die Sicherheit, eine hochmoderne Behandlung zu bekommen – und keine Schwierigkeiten in der Abrechnung mit ihrer Versicherung oder der Beihilfe zu haben.

Die Einigung entstand in dem sogenannten GOZ-Beratungsforum. Welche Bedeutung hat dieses Beratungsforum für Sie als Zahnärzteschaft?

Das Beratungsforum ist eine sehr wichtige Institution. Dort sitzen wir Vertreter der Bundeszahnärztekammer mit den Vertretern der PKV und der Beihilfe zusammen und versuchen, die neuen modernen Behandlungsmethoden in Positionen und Leitlinien umzusetzen. Unser Ziel ist es, dass privatversicherte Patienten an neuen Behandlungsstrecken teilhaben können.

Zum Hintergrund

Die moderne Parodontitis-Therapie erachten die Zahnärzte als wichtigen Baustein der präventionsorientierten zahnmedizinischen Versorgung. In der Gesetzlichen Krankenversicherung ist diese derzeit allerdings in Gefahr. Grund ist das im vergangenen Jahr verabschiedete GKV-Finanzstabilisierungsgesetz, das die finanziellen Mittel für zahnärztliche Leistungen kürzt. "Mit den im GKV-FinStG enthaltenen strikten Budgets werden die notwendigen zusätzlichen finanziellen Mittel für die neue präventionsorientierte Parodontitis-Therapie entzogen", kritisiert die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) auf ihrer Kampagnenseite "Zähne zeigen". Die gemeinsame Abrechnungsbasis für Leistungen der Parodontologie sichert Privatversicherten eine Behandlung auf dem aktuellen Stand der Zahnmedizin - ohne Budgets.