Im deutschen Gesundheitssystem gibt es einen Wettbewerb zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung. Welche Bedeutung messen Sie dem dualen Gesundheitssystem für die Qualität und Innovationskraft des Gesundheitswesens bei?
Wettbewerb ist eines der Grundprinzipien der Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung der Sozialen Marktwirtschaft. Das gilt eigentlich für alle Bereiche. Auch im Gesundheitswesen sorgt Wettbewerb dafür, dass die Kosten nicht aus dem Ruder laufen und die Qualität hoch bleibt. Überall dort, wo der Wettbewerb eingeschränkt wird, bekommen wir höhere Kosten und schlechtere Qualität.
Und wenn ich mir die privaten Krankenversicherungen anschaue, dann stabilisieren sie das System der gesetzlichen Krankenkassen, das in Teilen nicht mehr stabil ist. Sie sind immer vorne dabei, wenn es um Innovationen geht. Und sie schreien nicht nach Staatszuschüssen wie die gesetzlichen Krankenkassen, sondern sie regeln ihre Dinge selbst. Das ist Wettbewerb, wie ich ihn mir vorstelle.
Die umlagefinanzierten gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen verzeichnen hohe Defizite, die Beitragssätze steigen. Dabei stehen die großen Herausforderungen des demografischen Wandels erst noch bevor. Beunruhigt Sie diese Entwicklung?
Hohe Beitragssätze sind eine Steuer auf Arbeit und verlagern Arbeit aus Deutschland heraus. Und diese Dynamik macht mir Sorgen. Die gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen haben kein Einnahmeproblem, sondern ein Ausgabenproblem. Die Politik reagiert darauf, indem sie Geld auf das Problem schüttet und sagt, wir kassieren jetzt zum Beispiel bei den Sparern und kassieren hier und kassieren da. Aber die Ausgaben entwickeln sich dynamisch weiter.
Der Schwerpunkt der Reformen darf nicht auf der Erschließung neuer, unvernünftiger und unanständiger Finanzierungsquellen liegen. Der Schwerpunkt der Reformen muss auf der Senkung der Ausgaben liegen. Qualitätssicherung und Effizienz-Mobilisierung, das bedeutet nicht, die Leistungen der Gesundheitspolitik zu reduzieren, sondern jeder ist froh, wenn er für eine gute Leistung weniger bezahlen muss.
Auf der Suche nach neuen Finanzierungsquellen plädieren manche dafür, die Beitragsbemessungsgrenze in der Kranken- und Pflegeversicherung auf das Niveau der Rentenversicherung anzuheben. Wie stehen die Arbeitgeber dazu?
Wir haben zu hohe Lohnzusatzkosten in Deutschland. Und wenn man statt Reformen zu machen und Probleme zu lösen, Geld auf diese Probleme schüttet, indem man einfach mehr Einnahmen generiert, dann löst man kein einziges Problem. Wir sind für Problemlösungsstrategien, die Ausgaben senken, stabilisieren oder Beiträge senken. Dass man jetzt sogar versucht, die Sparerinnen und Sparer zu schröpfen, um Reformen im Gesundheitswesen zu vermeiden. Das ist absurd und zeigt eigentlich, dass die Politik der Herausforderung, zumindest der gesundheitspolitischen Herausforderung, teilweise nicht gewachsen ist.
Regelmäßig in Wahlkampfzeiten werben einige Parteien mit dem Konzept einer Bürgerversicherung. Welche Folgen hätte Ihrer Meinung nach die Einführung einer Einheitsversicherung für die deutsche Wirtschaft?
Wettbewerb und Staatswirtschaft schließen sich aus, und alle staatssozialistischen Gesundheitssysteme, wie wir sie z.B. in Großbritannien kennen, stellen die Menschen nicht zufrieden. Eine Verstaatlichung, eine Sozialisierung oder ein staatswirtschaftlicher Umbau - nichts anderes ist die Bürgerversicherung - hilft nicht wirklich aus den gesundheitspolitischen, aus den demografischen und aus den gesellschaftspolitischen Herausforderungen, die wir haben. Das ist ein Begriff aus der Mottenkiste. Und was auf die Tagesordnung gehört, sind entschlossene, engagierte Reformen.
Welche Bedeutung hat die kapitalgedeckte PKV für den Wirtschaftsstandort und die Unternehmen in Deutschland?
Die Kapitaldeckung ist eine Beitragsbremse. Das muss man sehen. Mehr Eigenverantwortung bedeutet auch weniger dynamisch steigende Sozialversicherungsbeiträge. Und damit wird Arbeit in Deutschland im Vergleich zu unseren Wettbewerbern wieder ein Stück weit bezahlbar.
Das heißt, eine sinnvoll und klug aufgebaute Kapitaldeckung in den Sozialversicherungen ist ein Beitrag zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und ein Beitrag, Arbeit in Deutschland zu halten. Sie unterstützt das Ziel, den sozialen Standard hier auf hohem Niveau und auf einem vernünftigen und bezahlbaren Niveau weiterzuentwickeln.