Die auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhende Rechtsverordnung kann rechtlich keinen Bestand haben. Der PKV-Verband appelliert erneut, von der geplanten Beitragsfinanzierung des Transformationsfonds abzusehen und diese durch eine vollständige Steuerfinanzierung zu ersetzen.
- Die durch den Transformationsfonds zu fördernden Umstrukturierungsmaßnahmen der Krankenhauslandschaft sind Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge; sie sind aus Steuermitteln zu zahlen. Die erforderlichen Investitionen im Rahmen des Transformationsfonds den Sozialversicherungsträgern aufzuerlegen und damit zweckfremd Beitragsmittel zu verwenden, ist verfassungsrechtlich unzulässig.
- Eine auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhende Rechtsverordnung kann daher rechtlich keinen Bestand haben. Der PKV-Verband appelliert daher erneut, von der geplanten Beitragsfinanzierung abzusehen und diese durch eine vollständige Steuerfinanzierung zu ersetzen.
Mit der Verordnung zur Verwaltung des Transformationsfonds im Krankenhausbereich (Krankenhaustransformationsfonds-Verordnung – KHTFV) werden die Voraussetzungen für die Förderung von Vorhaben konkretisiert und die förderfähigen Kosten abgegrenzt. Gegenstand ist die Finanzierung von Vorhaben, die auf eine Konzentration der stationären Kapazitäten und auf mehr Spezialisierung zielen. Auch Förderungen für den Aufbau von Netzwerken für Telemedizin und Zentren für seltene und komplexe Erkrankungen sind vorgesehen. Mit der Verordnung wird nach Inkrafttreten des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG) die erste Detailregelung nachgelegt.
1. Zur Finanzierung mit Versichertengeldern
Die Bereitstellung von Klinikstrukturen und deren Infrastruktur ist eine wesentliche Aufgabe der öffentlichen Hand im Rahmen der Daseinsvorsorge. Die dafür erforderlichen finanziellen Mittel für Investitionen, den Auf-, Um- und Abbau von Klinikgebäuden und Strukturen sind durch Steuermittel zu finanzieren. Grundlage für diese Kostenverteilung ist die duale Krankenhausfinanzierung, nach der die Krankenversicherungen für die Betriebskosten und die Bundesländer für die Investitionskosten verantwortlich sind. Nachweislich haben die Bundesländer ihre Verantwortlichkeit für die Strukturkosten über mehr als ein Jahrzehnt nur unzureichend erfüllt.
Mit der KHTFV wird einmal mehr vom Grundsatz der dualen Krankenhausfinanzierung abgewichen: Zur Förderung von Vorhaben der Länder zur Anpassung der Strukturen in der Krankenhausversorgung an die bewirkten Rechtsänderungen wird beim Bundesamt für Soziale Sicherung ein Transformationsfonds errichtet. Die Finanzierung des Bundesanteils des Transformationsfonds in Höhe von 25 Mrd. Euro soll aus Versichertengeldern geschehen: Verpflichtend für die GKV, bei der auf Mittel der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds zurück-gegriffen werden soll, und auf freiwilliger Basis für die PKV.
Aus Sicht der Privaten Krankenversicherung begründet der im KHVVG durch Neufassung des § 12b KHG eingeführte Transformationsfonds jedoch eine zur Umsetzung der erforderlichen Umstrukturierungsmaßnahmen geschaffene Finanzierungssystematik, die mit verfassungs-rechtlichen Grundsätzen nicht zu vereinbaren ist. Eine auf einer verfassungswidrigen Ermächtigungsgrundlage getroffene Rechtsverordnung kann rechtlich keinen Bestand haben.
Bei der Schaffung gesundheitlicher Infrastruktur einschließlich der Strukturen in der Krankenhausversorgung handelt es sich um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die nicht aus Beitragsmitteln der gesetzlich oder privat Versicherten finanziert werden darf, sondern dem Staat und in der Ordnung des deutschen Krankenhausfinanzierungssystems den Bundesländern allein obliegt. Dies gilt sowohl für die Konzentration akutstationärer Versorgungskapazitäten als auch für die Umstrukturierung von Krankenhäusern, die Bildung von Zentren für komplexe Behandlungen bis hin zu Krankenhausverbünden sowie der Schließung von Einrichtungen.
Die Beteiligung der PKV an dieser Stelle ist ausgeschlossen, da § 192 VVG die Versicherer verpflichtet, Aufwendungen für medizinisch notwendige Heilbehandlung zu erstatten. Vereinnahmte Beiträge dürfen nicht zur Förderung strukturverbessernder Maßnahmen in den Ländern verwendet werden. Eine Verpflichtung der PKV und ihrer Versicherten verstieße gegen deren Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 (Berufsfreiheit) bzw. Art. 2 Abs. 1 GG (Allgemeine Handlungsfreiheit). Überdies verfügt der Bundesgesetzgeber auch nicht über die erforderliche Gesetzgebungskompetenz für die mit § 12b KHG-E vorgesehene Einrichtung und Finanzierung eines Transformationsfonds, denn Art. 74 Nr. 19a GG lässt keine bundesgesetzlichen Regelungen zu, die in die Krankenhausplanungskompetenz der Länder eingreifen. Durch diese Konstellationen ergeben sich rechtliche Unsicherheiten mit hoher finanzieller Tragweite und eine weitere Schwächung des Prinzips der Selbstverwaltung, die der Einführung und Finanzierung des Transformationsfonds entgegenstehen.
Zu diesem Ergebnis kommt auch ein vom PKV-Verband beauftragtes Gutachten von Prof. Dr. Gregor Thüsing, Direktor des Instituts für Arbeitsrecht und Recht der sozialen Sicherheit an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Zum gleichen Ergebnis kommen ein Gutachten von Prof. Dr. Dagmar Felix im Auftrag des GKV-Spitzenverbandes, Inhaberin des Lehrstuhls für Öffentliches Recht und Sozialrecht an der Universität Hamburg, sowie der Bundesbeauftragte für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung.
Daher appellieren wir dringend, von der beabsichtigten Finanzierung des Transformationsfonds durch Beitragsgelder abzusehen und diese durch die sachlich richtige vollständige Steuerfinanzierung zu ersetzen.
2. Zur geplanten Vorhaltevergütung
Im Zusammenhang mit der notwendigen Umstrukturierung der Krankenhauslandschaft steht neben dem Transformationsfonds auch die Neuordnung des Entgeltsystems in Richtung einer Vorhaltevergütung.
Diese geplante Vorhaltevergütung für sämtliche Krankenhäuser geht aus Sicht des PKV-Verbandes in die falsche Richtung: Sie führt zu neuen Fehlanreizen, erhöht die Bürokratie maßgeblich, schafft neue Rechtsunsicherheiten und löst keine der in der derzeitigen Krankenhauslandschaft vorhandenen Probleme. Diese Erkenntnis wird von Gutachten bestätigt, u.a. von Prof. Dr. Andreas Schmid, Rechts- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät Gesundheitsökonomie und -management an der Universität Bayreuth.
Um ein qualitativ hochwertiges Gesundheitssystem weiter finanzieren zu können, braucht es mehr Wirtschaftlichkeit. Das DRG-System muss mit seinem leistungsbezogenen und pauschalierenden Ansatz weiter eine wesentliche Säule des Vergütungssystems bleiben. Zudem existieren im bisherigen DRG-System bereits verschiedene Komponenten, mit denen ebenfalls Vorhalteleistungen finanziert werden sowie Sicherstellungszuschläge und Zusatzentgelte für besonders hochpreisige Verfahren. Diese Komponenten könnten weiter ausgebaut und aufgefächert werden, um die Vorhaltung von Leistungen im DRG-System besser abzubilden.
Mit der geplanten Vorhaltevergütung werden jedoch völlig neue Finanzierungsstrukturen eingeführt, die allein auf theoretischer Basis entwickelt wurden und für die keine zuverlässige Auswirkungsanalyse vorliegt. Ziel des Gesetzgebers ist es offenbar, über finanzielle Anreize die Bundesländer und die Krankenhäuser zum entsprechenden Umbau der Krankenhausstrukturen zu bewegen. Dieser Weg ist riskant, kostet viele wertvolle Ressourcen sowohl in den Krankenhäusern als auch bei den Planungsämtern und den Krankenversicherungen und er geht mit einem Vorhalteanteil von 60 Prozent weit über die von der Regierungskommission vorgeschlagenen 40 Prozent hinaus.
Der Verteilungsprozess der Vorhaltevergütung ist dabei hochkomplex gestaltet. Das betrifft die initiale Verteilung der Mittel als auch die Nachjustierung, die unterjährig oder in mehrjährigen Berechnungsphasen erfolgen kann. Die dabei gesetzten Korridorgrenzen für eine Nachjustierung entbehren jeglicher empirischer Datengrundlage. Vollkommen außer Acht gelassen wurde das Problem der Anpassung einer Neuverteilung der Vorhaltevergütung, wenn sich die Fallverteilung über Ländergrenzen hinweg verschieben wird.
Unter diesen Bedingungen bleibt fraglich, ob die Vorhaltevergütung das gesetzlich definierte Ziel der Schaffung einer flächendeckenden und qualitativ hochwertigen Versorgung überhaupt erreichen kann oder im Gegenteil zu einer Verknappung des Versorgungsangebots und damit zu Versorgungsengpässen in der Bevölkerung führen wird. Kritisch eingeschätzt wird auch, ob die Krankenhäuser bei weitgehender Finanzierung über eine Vorhaltevergütung weiterhin einen Anreiz zur Erbringung bestmöglicher Qualität in der Behandlung haben.
In Anbetracht der mangelnden Vorhersagbarkeit der Effekte und des hohen Risikos für Fehlentwicklungen und -anreize sollte der Vorhalteanteil, wenn nicht ausgesetzt, dann zumindest auf maximal 40 Prozent begrenzt werden, d.h. 20 Prozent Vorhaltung plus 20 Prozent Pflegebudget. Dies entspräche auch dem Vorschlag der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung.