Zu Artikel 1 – Änderung des Bundeskrebsregisterdatengesetzes
§ 2 – Aufgaben des ZfKD
Vorgeschlagene Regelung
Bislang hatte das Zentrum für Krebsregisterdaten (ZfKD) die Aufgabe der Durchführung eines län-derübergreifenden Datenabgleichs zur Feststellung von Mehrfachübermittlungen einschließlich der Rückmeldung an die regionalen Krebsregister. Mit der Neufassung entfällt diese Aufgabe für das ZfKD ersatzlos, da der Abgleich bereits durch die Krebsregister auf Landesebene erfolgen soll.
Bewertung
Mehrfachübermittlungen von Meldungen zu Krebserkrankungen stellen zwischen einigen Krebsregistern einen erheblichen Anteil der Meldungen dar, weil sich zum Beispiel Patienten aus Flächen-ländern in Stadtstaaten behandeln lassen. Auch zwischen anderen regionalen Krebsregistern gibt es in nennenswertem Umfang grenzüberschreitende Behandlungen. Mit der Neuregelung wird dieser Datenabgleich zur alleinigen Aufgabe der Krebsregister der Länder. Dass dabei eine umfassende Identifizierung solcher Fälle und nachfolgend eine Bereinigung erfolgt, erscheint wenig realistisch, da dazu alle (benachbarten) Krebsregister einen Datenabgleich vor Übermittlung an das ZfKD durchführen müssten. Die Prüfung auf Mehrfachmeldungen sollte deshalb beim ZfKD erhalten bleiben und der Umfang dieser Mehrfachübermittlungen transparent gemacht werden, indem das ZfKD die entsprechenden Informationen aggregiert in seinem Bericht veröffentlicht. Mindestens aber sollte eine entsprechende Information an die Förderer der Krebsregister (Länder, GKV, PKV) erfolgen.
§ 3 – Beirat
Vorgeschlagene Regelung
Bei den verschiedenen Aufgaben des Beirats findet sich gegenüber dem Arbeitsentwurf zu diesem Gesetz die Beteiligung an der Datenbereitstellung für Dritte nicht mehr. Diese Aufgabe wurde vollständig dem neu im Gesetzentwurf aufgenommenen wissenschaftlichen Ausschuss zugeordnet, dem aber weder die Kostenträger (GKV, PKV) noch Patientenvertreter angehören.
Bewertung
Dass die Kostenträger der Krebsregister an der Vergabe von Datenbereitstellungen zu Forschungszwecken nicht mehr beteiligt sein sollen, sollte korrigiert werden. Entweder bleibt der Beirat in die-se Aufgabe eingebunden oder die Kostenträger erhalten eine Beteiligung im Rahmen des wissenschaftlichen Ausschusses.
§ 4 – Wissenschaftlicher Ausschuss
Vorgeschlagene Regelung
Der wissenschaftliche Ausschuss hat vor allem die Aufgabe, bei der Bewertung der Anträge auf wissenschaftliche Datennutzung mitzuwirken. Seine Stellungnahmen sind bei der Entscheidung des ZfKD zu berücksichtigen. Die PKV als Kostenträger ist hier nicht zur Beteiligung vorgesehen.
Bewertung
Die PKV als Kostenträger der Krebsregister sollte an der Vergabe von Datenbereitstellungen beteiligt werden. Alternativ wäre auch eine direkte Beteiligung über die Gremien des ZfKD möglich.
§ 6 Absatz 2- Daten für regionale Krebsregister und Weiterleitung an Dritte
Vorgeschlagene Regelung
Die als Bundesdaten durch das ZfKD zusammengefassten Daten werden den regionalen Krebsregis-tern auf deren Verlangen zur Verfügung gestellt. Diese Daten dienen nicht nur zur Erfüllung der Aufgaben des Krebsregisters, sondern können auf Basis eines Antrags nach § 7 auch an Dritte weitergegeben werden.
Bewertung
Es ist unklar, warum ein regionales Krebsregister die gleichen Rechte zur Weitergabe des Bundesda-tensatzes an Dritte bekommen soll wie das ZfKD. Das Gesetz gibt nicht explizit vor, dass an dieser Stelle die identischen Maßstäbe und Regelungen gelten wie für die Datenbereitstellungen nach § 7. Das sollte aber in jedem Falle so sein und klar geregelt werden. Und unter dieser Annahme laufen dann alle Anträge ohnehin über das ZfKD und die dort beschriebenen Wege, sodass der Antrag auch direkt an das ZfKD gerichtet werden kann. Auch die Erfassung der Anträge nach § 8 wäre damit eindeutig geregelt. Insofern sollte auf die Regelung zur Weiterleitung von Bundesdaten durch ein regionales Krebsregister verzichtet werden.
§ 7 Absatz 2 – Bewilligung von Anträgen auf Datenbereitstellung
Vorgeschlagene Regelung
Das ZfKD entscheidet über einen Antrag auf Datenbereitstellung unter Berücksichtigung der Stellungnahme des wissenschaftlichen Ausschusses.
Bewertung
Ein klarer Kriterienkatalog für die Entscheidung des ZfKD wird nicht beschrieben und ist im Gesetz-entwurf nicht vorgesehen. Lediglich gegenüber dem wissenschaftlichen Ausschuss muss das ZfKD eine Begründung abgeben. Schon bei dem Antragsverzeichnis nach § 8 ist nicht mehr ersichtlich, ob der Antrag gegen die Empfehlung des wissenschaftlichen Beirats bewilligt wurde. An dieser Stelle sollte ein klarer Kriterienkatalog etabliert werden. Das Antragsverzeichnis sollte die Annahme des Antrags mit oder gegen die Stellungnahme des wissenschaftlichen Ausschusses ausweisen. Den Kostenträgern (hier die PKV) muss zumindest ein Einsichtsrecht in die Stellungnahmen des wissenschaftlichen Beirats für alle Anträge eingeräumt werden.
§ 7 Absatz 6 – Verstoß gegen den Datenschutz
Vorgeschlagene Regelung
Bei den Daten handelt es sich um besonders schutzwürdige Gesundheitsdaten. Bei Verstoß gegen den Datenschutz ist vorgesehen, dass das Zentrum für Krebsregisterdaten die Antragstellenden für bis zu zwei Jahre vom Datenzugang ausschließen kann.
Bewertung
Diese Sanktion ist bei weitem nicht ausreichend. Sie sollte mit einem unmittelbaren Mindestmaß von zwei Jahren und einer deutlich höheren Höchstgrenze belegt werden. Bezüglich der Antragstellenden sollte zudem klar geregelt werden, dass es hier sowohl um die (mit-)verantwortlichen Personen als auch die Institutionen/Unternehmen geht, für die sie einen Antrag stellen bzw. Daten erhalten haben. Die Höhe der Sanktion sollte eine unmissverständlich abschreckende Wirkung haben, da es sich um kein Kavaliersdelikt handelt. Es muss ausgeschlossen werden, dass der Nutzen eines Missbrauchs die – womöglich nur personenbezogene – Sanktion überwiegt.
§ 7 Absatz 7 – Entgelte für Datenbereitstellung
Vorgeschlagene Regelung
Die von den Krebsregistern und dem ZfKD gesammelten Daten können von großem Wert für die Forschung, auch die kommerzielle, sein. Die Finanzierung der Register erfolgt zu 90 Prozent durch die Kostenträger und umfasst bis dato mehrere hundert Millionen Euro.
Bewertung
Bei der Bemessung der Entgelte sollten die Kostenträger der Register (hier die PKV) beteiligt werden. Die Höhe der Entgelte sollte auch unter Berücksichtigung des Gegenwertes erfolgen.
§ 8 – Antragsverzeichnis
Vorgeschlagene Regelung
Über die bewilligten Anträge soll das ZfKD ein öffentliches Verzeichnis führen. Ohne Erwähnung bleiben die Anträge, die nicht bewilligt wurden.
Bewertung
Um Transparenz herzustellen, wäre auch eine Mitteilung über abgelehnte Anträge wünschenswert. Zumindest die Kostenträger der Krebsregister sollten darüber eine Auflistung bekommen, die mit der für das öffentliche Verzeichnis vergleichbar ist. Dem Verzeichnis muss zu entnehmen sein, wenn ein Antrag gegen die Empfehlung des wissenschaftlichen Ausschusses bewilligt wurde.
§ 9 Absatz 1 Satz 2 – Wesentliche Ergebnisse der Auswertung der Krebsregisterdaten
Vorgeschlagene Regelung
Bezug genommen wird hier auf die umfänglichen Aufgaben des ZfKD unter § 2 Nummer 3. Die Krebsregister sollen über die wesentlichen Erkenntnisse aus Studien und Analysen zum bundesweiten Krebsgeschehen einschließlich der Analyse regionaler Unterschiede unterrichtet werden.
Bewertung
Es bleibt unklar, wie sich diese Berichterstattung des ZfKD von der Berichterstattung zum Krebsgeschehen nach § 10 unterscheidet. Möglicherweise werden hier Berichte in unterschiedlicher Detailtiefe erstellt. Richtigerweise sollten die für die Krebsregister erstellten Berichte auch den Kostenträgern (hier der PKV) zur Verfügung gestellt werden.
§ 9 Absatz 4 - Anträge zur Nutzung der registerübergreifenden Plattformdaten
Vorgeschlagene Regelung
Es soll eine neue Plattform zur Schaffung anlassbezogener bundesweiter Datenzusammenführun-gen und Analysen von Krebsregisterdaten und anderer Daten ermöglicht werden. Für dieses umfängliche Projekt erfolgt eine Beauftragung zur Konzepterstellung bis Ende 2025. Vorgesehen wird eine Antrags- und Registerstelle beim ZfKD. Nähere Informationen zum Umgang mit zukünftigen Anträgen gibt es nicht.
Bewertung
Die beschriebene Plattform ermöglicht Studienkonzepte, die weit über die Möglichkeiten der klinischen Krebsregister in derzeitiger Form hinausgehen. Offensichtlich wird hier ein Antragsverfahren zur Datenverknüpfung und Datenbereitstellung vorgesehen, das unabhängig von der Datenbereitstellung nach § 7 funktionieren wird. Nach welchen Grundsätzen hier entschieden werden soll, bleibt vollständig offen. Eine analoge Erfassung dieser Forschungsvorhaben vergleichbar dem Antragverzeichnis nach § 8 ist nicht vorgesehen. Ein solch intransparentes Vorgehen zur Nutzung von Gesundheitsdaten ist nicht akzeptabel. Es muss ein transparentes Verfahren vergleichbar der sonstigen Datenbereitstellung von Krebsregisterdaten vorgesehen werden.
§ 10 Absatz 4– Berichterstattung zum Krebsgeschehen
Vorgeschlagene Regelung
Beschrieben werden die Verpflichtungen zur Berichterstattung über das Krebsgeschehen in Deutschland.
Bewertung
Eine umfängliche Berichterstattung durch das ZfKD in allgemeinverständlicher Form und mit inter-aktiven Nutzungs- und Auswertungsformaten wird begrüßt. Art und Umfang der Berichterstattung wird allerdings in der aktuellen Entwurfsfassung des Gesetzes ohne Abstimmung mit dem Beirat durch das ZfKD alleine vorgenommen. Hier wäre ein Einbezug des Beirats vorzusehen.
§ 11 – Bericht über die bundesweite Erfassung von Krebsregisterdaten
Vorgeschlagene Regelung
Das ZfKD soll dem Bundesministerium für Gesundheit bis Ende des Jahres 2025 über die Erfahrungen mit der bundesweiten Erfassung von Krebsregisterdaten berichten. Bis zu diesem Zeitpunkt soll auch das Konzept zur Schaffung einer Plattform für anlassbezogene bundesweite Datenzusammen-führungen nach § 9 Absatz 4 fertig sein.
Bewertung
Eine Berichterstattung alleinig an das Bundesministerium für Gesundheit ist nicht ausreichend. Den Kostenträgern (hier die PKV) sollte identisch über die Erfahrungen mit der bundesweiten Zusammenführung der Daten und über den Fortschritt bei der Erstellung der genannten Plattform berichtet werden.
§ 12 Absatz 3 – Einleitung der Strafverfolgung
Vorgeschlagene Regelung
Vorgesehen ist die Verfolgung der Tat nur auf Antrag. Ob und wie Betroffene jemals von dem Missbrauch erfahren, ist offen. Es ist keine Verpflichtung der Behörden oder des ZfKD hinterlegt, die von Missbrauch Betroffenen ausfindig zu machen und zu informieren. Die Aufsichtsbehörde hat keine Pflicht zur Strafverfolgung.
Bewertung
Die Verfolgung eines solchen Datenmissbrauchs muss strenger geahndet werden und als Offizialdelikt zwingend verfolgt werden. Patienten mit einer Krebserkrankung sind mit den Gesetzesregelungen zur Übermittlung ihrer Daten quasi verpflichtet. Das kann nur gerechtfertigt werden, wenn der Staat/Gesetzgeber im Gegenzug auch das Höchstmaß an Sorgfalt walten lässt, um diese Daten ausreichend zu schützen und vor Missbrauch zu sichern. Dazu gehört auch eine konsequente Verfolgung solcher Vergehen.