Stellungnahme 27. November 2024

Die Landesregierung NRW plant, die Rettungsdienststrukturen zu modernisieren. Der PKV-Verband begrüßt dies und schlägt vor, die Kostenträger auch bei der Finanzierung zu gleichberechtigten Verhandlungspartnern zu machen. In jedem Fall sind pauschale Strukturkosten aus Steuermitteln zu finanzieren.

Zusammenfassung

  • Die PKV begrüßt angesichts der hohen Belastungen der Rettungsdienste und Not-aufnahmen das Ziel, die Notfallversorgung zu verbessern.
  • Der geplante verstärkte Einbezug der PKV in Belange des Rettungsdienstes in NRW ist zu begrüßen.
  • Bei der Reform ist darauf zu achten, dass es perspektivisch nicht zu unterschiedlichen, miteinander nicht kompatiblen Standards der Ersteinschätzungssysteme auf Bundes- und Landesebene kommt.
  • Die Finanzierung der Kosten der Rettungsleistungen sollte auf ein System zu verhandelnder Benutzungsentgelte umgestellt werden.
  • Im Falle der Beibehaltung des Systems der Gebührensatzung sollte der gesetzliche Katalog der ansatzfähigen Kosten eingeschränkt werden, um eine Finanzierung von staatlichen Aufgaben der Daseinsvorsorge durch Beitragsmittel auszuschließen.

Der Gesetzentwurf zur Novellierung des Rettungsgesetzes NRW benennt als Ziel, die bisherigen Strukturen zu flexibilisieren und zu sanieren. Zielgerichtete Einsatz- und Steuerungsmöglichkeiten sowie der Ausbau digitaler Systeme sollen für eine erhebliche Entlastung im System und für einen zukunftsfähigen Rettungsdienst in NRW sorgen. Es sollen u. a. ein softwaregestütztes, standardisiertes Notrufabfrage- und Ersteinschätzungssystem in NRW implementiert werden. Des Weiteren wird geregelt, dass in NRW, wie bisher, für die zu finanzierenden Kosten der Träger des Rettungsdienstes Benutzungsgebühren per Gebührensatzung festgelegt werden, wobei die hierbei ansatzfähigen Kosten nunmehr konkretisiert werden und u. a. die investiven Kosten für den Auf- und Ausbau sowie die Aufrechterhaltung der rettungsdienstlichen Infra- und Versorgungsstruktur, die Kosten für die Errichtung und den Betrieb der Leitstelle sowie für die Bereitstellung und Unterhaltung der fernmeldetechnischen Ausstattung sowie die Kosten für Fehlfahrten und Fehleinsätze beinhalten.

Die PKV begrüßt angesichts der hohen Belastungen der Rettungsdienste und Notaufnahmen das Ziel, die Notfallversorgung zu verbessern. Es ist sinnvoll, die Zusammenarbeit und Vernetzung zwischen Rettungsdienst, Leitstellen und Krankenhäusern zu intensivieren und für flexiblere Versorgungsleistungen zu sorgen. Eine Verbesserung der Qualität und Effizienz in der Notfallversorgung ist entscheidend, um für eine nachhaltige Entlastung des Rettungsdienstes und damit für einen zukunftsfähigen Rettungsdienst in NRW zu sorgen.

Im Einzelnen:

1. Die PKV begrüßt, dass sie künftig verstärkt über ihren Landesausschuss NRW in Belange des Rettungsdienstes einbezogen werden soll. Nach der derzeitigen Fassung des Rettungsgesetzes NRW ist ihre Mitwirkung auf eine Anhörung bei der Organisation der Luftrettung beschränkt. Durch die geplante Novellierung erhält die PKV nun umfassendere Beteiligungsrechte, etwa durch die Möglichkeit von Anhörungen und Stellungnahmen. Darüber hinaus wird die PKV künftig im Landesfachbeirat vertreten sein, was bisher nicht der Fall gewesen ist. Zudem soll sie im Zuge des Erlasses von Gebührensatzungen künftig aktiv einbezogen werden. Diese Neuerungen tragen der Bedeutung der PKV als wesentliche Säule des Gesundheitswesens angemessen Rechnung.

2. Ein wesentliches Ansinnen der Reform ist es, die Leitstelle für den Rettungsdienst zu verbessern, vgl. § 14 Abs. 3 RettG NRW-neu. Die geplante Ausstattung der Leitstelle mit der notwendigen fernmeldetechnischen Infrastruktur und die Implementierung eines soft-waregestütztes, standardisiertes Notrufabfrage- und Ersteinschätzungssystems sind aus Sicht der PKV sinnvolle Verbesserung.

Allerdings ist hierbei darauf zu achten, dass eine technische Fortentwicklung in NRW anschlussfähig für etwaige zukünftige bundeseinheitliche Standards bleibt. Denn es muss ein länderübergreifendes Ziel des Rettungswesens sein, dass die drei Versorgungsbereiche – ambulant-kassenärztlicher Notdienst, Rettungsdienste und Notaufnahmen der Krankenhäuser, die sich alle um die Versorgung von gesundheitsbezogenen Akut- und Notfällen kümmern –, besser miteinander vernetzt und aufeinander abgestimmt werden. Unterhalb der Strukturen der beiden Rufnummern 116117 (für den kassenärztlichen Notdienst) sowie die 112 (für den Rettungsdienst) sollte es eine enge Kooperation zwischen den jeweiligen Einheiten geben und die eingesetzten Systeme zur Ersteinschätzung vereinheitlicht werden.

Dieser Auffassung ist auch der Bundesrat. Er hat sich in seinen Empfehlungen zum Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Notfallversorgung (NotfallG) auf Bundesebene dafür ausgesprochen, bundesweit einheitliche Standards u. a. für abgestimmte Ersteinschätzungssysteme, offene digitale Schnittstellen, gemeinsame Datendefinitionen und Datenformate sowie medienbruchfreie und datenschutzkonforme Weiterleitungen von Patientendaten vorzugeben.

Demnach ist bei der Reform in NRW darauf zu achten, dass es perspektivisch nicht zu unterschiedlichen, miteinander nicht kompatiblen Standards auf Bundes- und Landesebene kommt.

3. Hinsichtlich der Finanzierung der Kosten des Rettungsdienstes schlägt die PKV vor, dass von einem System der Gebührensatzung zu einem System der Benutzungsentgelte, wie in § 37 RettG-neu für genehmigungspflichtige rettungsdienstliche Leistungen durch Unter-nehmen vorgesehen, übergegangen wird. Der Vorteil eines solchen Systemwechsels wäre, dass hinsichtlich der Kostenfinanzierung nicht bloß ein Einvernehmen mit den Kostenträgern „anzustreben“ ist (vgl. § 27 Abs. 2 Satz 3 RettG NRW-neu), sondern die Kostenträger als gleichberechtigte Verhandlungspartner zusammen mit den Trägern des Rettungsdienstes auf angemessene Benutzungsentgelte hinwirken können. Dies stärkt die Selbstverwaltung im Gesundheitswesen und trägt zu einer höheren Transparenz bei.

4. Wenn das System der Gebührensatzung dennoch beibehalten werden soll, bedarf es aus Sicht der PKV dringend einer Einschränkung des Katalogs der ansatzfähigen Kosten gem. § 27 Abs. 4 RettG NRW-neu.

Zum einen darf die Finanzierung pauschaler Aufbau- und Strukturkosten für den Rettungsdienst nicht den Kostenträgern bzw. Beitragszahlern überantwortet werden, denn es handelt sich bei den zugrunde liegenden Investitionen um Belange der Daseinsvorsorge des Staates und gesamtgesellschaftlicher Aufgaben, die grundsätzlich aus Steuermitteln getragen müssen. Demnach sind die investiven Kosten für den Auf- und Ausbau sowie die Aufrechterhaltung der rettungsdienstlichen Infra- und Versorgungsstruktur und die Kosten für die Errichtung und den Betrieb der Leitstelle sowie für die Bereitstellung und Unterhaltung der fernmeldetechnischen Ausstattung aus dem Katalog der ansatzfähigen Kosten ersatzlos zu streichen.

Des Weiteren ist es nicht sachgerecht, dass dem Wortlaut des § 27 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 RettG NRW-neu zufolge die Kosten für Fehlfahrten und Fehleinsätze grundsätzlich ansatzfähig sind. Hier bedarf es einer präzisierenden Regelung dahingehend, dass Kosten für Fehlfahrten und Fehleinsätze nicht ansatzfähig sind, wenn die Fehlfahrten oder Fehleinsätze durch ein vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten, wider besseren Wissens oder infolge grob fahrlässiger Unkenntnis der Tatsachen veranlasst wurden.

Ergänzend dazu sollte im Gesetz geregelt werden, dass bei derartigen Umständen der Missbräuchlichkeit die Einsatzkräfte vor Ort eine entsprechende Feststellung und Mitteilung an den Kostenträger vorzunehmen haben, damit klar ist, dass der Kostenträger insoweit keine Kosten zu tragen hat. Überdies sollte bestimmt werden, dass der Träger des Rettungsdienstes von der verursachenden Person Kostenersatz verlangen „soll“ und nicht nur verlangen „darf“, wie in § 27 Abs. 8 RettG NRW-neu formuliert.