Stellungnahme 06. Juni 2024

Mit der neuen Digitalagentur erwartet die PKV schneller nutzbare Gesundheitsprodukte. Für eine flächendeckende Nutzung durch Privatversicherte und Beihilfeberechtigte, braucht es endlich eine Rechtsgrundlage für die antragsfreie, obligatorische Krankenversichertennummer (KVNR) in der PKV.

  • Die Private Krankenversicherung begrüßt das Ziel der Bündelung der Zuständigkeiten und der Durchgriffsmöglichkeiten der neuen Digitalagentur für Gesundheit in Bezug auf die technischen Rahmenbedingungen der Telematikinfrastruktur (TI). Hiermit verbunden ist die Erwartung einer schnelleren und praxisnahen Bereitstellung ausgereifter und nutzerfreundlicher Produkte und Anwendungen, um die Digitalisierung im Gesundheitswesen im Interesse der Patientinnen und Patienten sowie der Leistungserbringenden nachhaltig voranzubringen. 
  • Der PKV-Verband und seine Mitgliedsunternehmen treiben seit Jahren über eigene Projekte und die Mitarbeit in den Gremien der gematik GmbH die Digitalisierung im Gesundheitswesen voran und beteiligen sich entsprechend ihres Marktanteils an den Kosten. Dennoch sind die Voraussetzungen für eine gleichberechtigte Nutzung der digitalen Infrastruktur durch Privatpatienten und Beihilfeberechtigte bislang nur unzureichend gegeben, denn es fehlt an einer gesetzlichen Grundlage für die zustimmungsfreie Bildung einer Krankenversichertennummer (KVNR) für alle privat Krankenversicherten. 
  • Die KVNR ist das zentrale Ordnungskriterium des deutschen Gesundheitswesens, insbesondere im Kontext der Digitalisierung. Die KVNR ist zwingende Voraussetzung sowohl für digitale Anwendungen der TI als auch für verschiedene, digitale Register und medizinische Modellvorhaben. Während sie in der GKV für alle Versicherten automatisiert gebildet wird, bedarf es in der PKV aufwändiger, teurer Prozesse und der aktiven Mitwirkung der Versicherten. Dies hat zur Folge, dass nur Teile der PKV-Versicherten mit einer KVNR ausgestattet werden können. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sollten deshalb unbedingt die Voraussetzungen für die obligatorische KVNR-Anlage in der PKV geschaffen werden.  Anders wird mit der Digitalstrategie formulierte Versprechen der „elektronischen Patientenakte (ePA) für alle“ für Privatversicherte samt beihilfeberechtigter Personen nicht zu halten sein. Große Teile der Bevölkerung würden von den digitalen Möglichkeiten im Gesundheitswesen abgeschnitten sein.  

I. Allgemeine Anmerkungen

Das GDAG benennt als Ziel, das Gesundheitswesen besser auf die digitale Transformation auszurichten und hierbei die Zuständigkeiten klarer und stringenter zu regeln. Die gematik GmbH soll zu einer zentralen „Digitalagentur für Gesundheit“ weiterentwickelt werden. Es ist vorgesehen, ihr Aufgabenportfolio zu erweitern, sie mit einem gestärkten Mandat zu versehen und ihre Handlungsfähigkeit insgesamt zu verbessern. Klare Prozessverantwortlichkeiten sollen schnellere Lösungen und eine praxisnahe Umsetzung der Digitalstrategie unter der Einbindung der relevanten Stakeholder sichern. Neben der gesetzlichen Neustrukturierung ist beabsichtigt, eine Verordnungsermächtigung für das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) zu schaffen, um das Portfolio der eHealth-Anwendungen im Bedarfsfall flexibel anzupassen zu können. 

Die PKV begrüßt grundsätzlich das Ziel der Bündelung der Zuständigkeiten und der Durchgriffsmöglichkeiten der neuen Digitalagentur für Gesundheit. Hiermit verbunden ist die Erwartung einer schnelleren und praxisnahen Bereitstellung ausgereifter und nutzerfreundlicher Produkte und Anwendungen. Der PKV-Verband begrüßt insbesondere, dass Führung und Kontrolle der Digitalagentur weiterhin durch den Kreis der Gesellschafter der gematik GmbH erfolgen. 

Die Möglichkeit einer einseitigen Aufgabenerweiterung der Digitalagentur für Gesundheit durch das BMG wird kritisch gesehen, da diese auch zu Interessenkonflikten und Entscheidungen zulasten der gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen führen kann. Daher sollten solche Vorhaben auch künftig immer durch den Gesellschafterkreis gesteuert und legitimiert werden. Zudem sind sie kritisch im Hinblick auf eventuelle Doppelvergaben sowie sachfremde Anwendungen, die außerhalb des Gesundheitswesens zum Einsatz kommen, zu prüfen. Die vorhandenen personellen und finanziellen Ressourcen müssen künftig so eingesetzt werden, dass die geplanten Vorhaben mit der größtmöglichen Nutzeneffizienz und innerhalb des avisierten Zeitplans umgesetzt werden. 

Der PKV-Verband gehört seit 2020 dem Gesellschafterkreis an. Er bringt sich konstruktiv ein und treibt den Anschluss der privat Krankenversicherten und beihilfeberechtigten Personengruppen an die Telematikinfrastruktur maßgeblich voran. Zusammen mit der gesetzlichen Krankenversicherung finanziert die private Krankenversicherung die entstehenden Kosten der gematik GmbH für den Aufbau der digitalen Gesundheits-Infrastruktur und die Ausstattung von Praxen und Versicherten mit der entsprechenden Technologie. Obgleich seit vier Jahren in dieser Verantwortung, wird der PKV-Verband im Gesetz nicht als Gesellschafter benannt. Die inhaltlich überholte Formulierung im Gesetz sollte daher aktualisiert werden. 

Die Ausstattung der Versicherten mit einer KVNR ist zwingende Voraussetzung für die Nutzung der Anwendungen der Telematikinfrastruktur (TI), insbesondere der elektronischen Patientenakte (ePA), des E-Rezepts und der E-Rechnung sowie für diverse Register (u. a. Implantate- und Krebsregister) sowie neuer medizinischer Vorhaben (z. B. Modellvorhaben Genomsequenzierung). Sie ist Grundlage für die digitale Identität (eID), über die man sich mit dem Smartphone beispielsweise in der Arztpraxis einchecken und den Zugang zur ePA ermöglichen kann. Trotz breiter Anwendungsfälle gibt es jedoch – anders als in der GKV - bis heute keine gesetzliche Grundlage zur zustimmungsfreien KVNR-Anlage für Privatversicherte und Beihilfeberechtigte. Die Versicherungsunternehmen sind nur dann dazu in der Lage, eine KVNR für ihre Versicherten zu genieren, wenn deren ausdrückliche Einwilligung zur Verarbeitung der dafür erforderlichen Daten vorliegt. Dazu müssen alle Bestandsversicherten zum Teil mehrfach angeschrieben werden, um diese Zustimmung einzuholen. Vielfach müssen die Versicherten zudem zusätzliche erforderliche Daten (z. B. Geburtsort) zur Verfügung stellen. Die derzeitige Umsetzung führt zu administrativen und finanziellen Aufwänden, da viele Versicherte nicht aktiv mitwirken. Folglich sind die Versicherer nur sehr eingeschränkt in der Lage, allen ihren Bestandsversicherten den Zugang zu den neuen digitalen Möglichkeiten des Gesundheitswesens zu ermöglichen. Der PKV-Verband fordert daher seit langem die Schaffung einer entsprechenden gesetzlichen Befugnis. 

Der nun vorliegende Entwurf eines GDAG bietet die Chance, endlich auch die Zugangshürden in der PKV samt Beihilfe zu senken, indem die KVNR zustimmungsfrei und ohne vorherige Beantragung bzw. Mitwirkung der Versicherten durch die Versicherungsunternehmen angelegt werden kann. Im Referentenentwurf findet sich leider noch keine entsprechende Regelung. Dies sollte unbedingt mit dem Kabinettentwurf nachgeholt werden. Anderenfalls wird das in der Digitalstrategie gegebene Versprechen einer ePA für alle nicht flächendeckend zu halten sein und große Teile der Bevölkerung von den neuen digitalen Möglichkeiten im Gesundheitswesen abgeschnitten. 

II. Zu ausgewählten Regelungen des Gesetzentwurfs

Zu Art. 1 Nr. 9b Abs. 1, S. 1 Nr. 18 (§ 311 Abs. 1 Nr. 18 bis 23 SGB V – Aufgaben und Befugnisse der Digitalagentur Gesundheit)

Vorgeschlagene Regelung:

In § 311 Abs. 1 Nr. 18 SGB V-E soll die Digitalagentur Gesundheit neue Aufgaben und Befugnisse erhalten. Diese sehen die Festlegung von verbindlichen Standards der Benutzerfreundlichkeit der Komponenten, Dienste und Anwendungen der TI sowie die Sicherstellung ihrer Einhaltung vor. 

Bewertung:

Der PKV-Verband teilt die Annahme, dass Benutzerfreundlichkeit eine entscheidende Voraussetzung für den Erfolg von Digitalisierungsmaßnahmen ist. Jedoch resultieren benutzerfreundliche Umsetzungen nicht allein aus der Einhaltung von Standards. Vielmehr sind sie das Ergebnis von Abstimmungen und Tests mit den jeweiligen Nutzern sowie Iterationen. Dieses Vorgehen setzt voraus, dass die jeweiligen Anbieter in einem gewissen Rahmen flexibel und bedarfsgerecht agieren können. Eine stärkere Reglementierung und detaillierte Vorgaben (z. B. zur Interface-Gestaltung), die über bereits existierende allgemeine Normen hinausgehen, könnten sich kontraproduktiv auswirken. Deshalb ist aus Sicht des PKV-Verbands von konkreten, anwendungsbezogenen Gestaltungsvorgaben durch die Digitalagentur – zumindest für Versicherten-Anwendungen – abzusehen. 

Änderungsvorschlag: 

§ 311 Abs. 1 Nr. 18 SGB V-E sollte gestrichen werden, um eine Überregulierung zu vermeiden und Spielräume für eine nutzerorientierte Umsetzung zu erhalten. 

Zu Art. 1 Nr. 38 (§ 386a SGB V – Interoperabilitätspflicht)

Vorgeschlagene Regelung:

§ 386a SGB V-E verpflichtet Hersteller informationstechnischer Systeme im Sinne des § 384 S. 2 Nr. 3 SGB V oder Hersteller einer digitalen Gesundheitsanwendung nach § 33a SGB V dazu, Leistungserbringern auf deren Verlangen die personenbezogenen Gesundheitsdaten ihrer Patienten unverzüglich und kostenfrei im interoperablen Format bereitzustellen.

Bewertung:

Der PKV-Verband begrüßt die Regelung, die dazu beitragen soll, dass Leistungserbringer bei Bedarf leichter das Praxisverwaltungssystem wechseln können. Von positiven Auswirkungen eines Wechsels wie beispielsweise effizienten Praxisabläufen, einer guten Dokumentation sowie Unterstützung von TI-Anwendungen können auch die jeweiligen Patienten profitieren.

In der Begründung zu Abs. 3 wird das Recht auf Bereitstellung von Patientendaten jedoch auf GKV-Versicherte eingeschränkt. Da Praxen nicht nur die Daten von GKV-Versicherten, sondern die Daten aller Patientinnen und Patienten unabhängig von ihrem Versicherungsstatus benötigen, birgt diese Einschränkung ein Risiko. Wird nämlich die Mitnahme der Daten nicht GKV-versicherter Patientinnen und Patienten erschwert, könnte dieses einem Softwarewechsel insgesamt entgegenstehen. 

Änderungsvorschlag: 

In der Begründung zu Nummer 38, Absatz 3 sollte der Zusatz „GKV-versicherten“ gestrichen werden. 

III. Weiterer gesetzlicher Anpassungsbedarf

1. Zustimmungsfreie Bildung der einheitlichen KVNR durch die PKV-Unternehmen

Die KVNR nach § 290 Abs. 1 S. 2 SGB V ist das übergreifende Ordnungskriterium der Digitalisierungsvorhaben im Gesundheitswesen. Sie ist notwendige Voraussetzung für den Zugang und die Nutzung der Anwendungen der TI, insbesondere der ePA, des E-Rezepts und der E-Rechnung sowie für verschiedene digitale Register (u. a. Implantate- und Krebsregister) und stellt insoweit dauerhaft die korrekte, eindeutige Zuordnung von (persönlichen) Daten der Versicherten sicher. Sie bildet zudem die Grundlage für digitale Identitäten (eID), über die man sich ohne elektronische Gesundheitskarte (eGK) in Arztpraxen einchecken und den Zugang zur TI ermöglichen kann. Die Bedeutung der KVNR im Gesundheitswesen wird weiter zunehmen.

Anders als in der gesetzlichen Krankenversicherung besteht kein gesetzlicher Automatismus zur Bereitstellung einer KVNR, so dass Privatversicherte einschließlich Beihilfeberechtigte bislang i. d. R. nicht über eine KVNR verfügen. Für diesen Personenkreis muss die KVNR im Rahmen eines individuellen Prozesses aufwändig generiert werden. Dabei ist die aktive Mitwirkung der Versicherten zwingend erforderlich, insbesondere in Form ausdrücklicher datenschutzrechtlicher Einwilligungen in die Nutzung von personenbezogenen Daten, um die KVNR bilden zu lassen. Konkret bedarf es insoweit einer datenschutzrechtlichen Verarbeitungsbefugnis sowie der erforderlichen Offenlegungsbefugnis bzgl. des Bestehens des jeweiligen Versicherungsverhältnisses gegenüber den in die KVNR-Bildung zwingend einzubeziehenden Stellen bei der Deutschen Rentenversicherung und der Vertrauensstelle Krankenversichertennummer. Unzureichende Rückmeldequoten der Bestandsversicherten auf die Mailings der Versicherer machen eine flächendeckende Ausstattung der Versicherten der Privaten Kranken- und Pflegeversicherung jedoch faktisch unmöglich und verursachen hohe administrative und finanzielle Aufwände bei allen Beteiligten. 

Vor diesem Hintergrund ist die Schaffung einer gesetzlichen Regelung für eine obligatorische einwilligungsfreie Ausstattung Privatversicherter und Beihilfeberechtigter mit KVNR zwingend erforderlich.

Dies könnte durch folgende kumulative Änderungen bzw. Ergänzungen des § 17 Abs. 4 IRegG, des § 2 Abs. 1 IRegBV und des § 362 Abs. 2 SGB V umgesetzt werden:

  • Änderung des § 17 Abs. 4 S. 1 und 3 IRegG dahingehend, dass die KVNR künftig nicht nur anlassbezogen, sondern verpflichtend für alle Privatversicherten vergeben wird.

Die bisher einzige gesetzliche Regelung, aufgrund derer Unternehmen der Privaten Kranken- und Pflegeversicherung ohne aktive Mitwirkung bzw. Einwilligung der Versicherten berechtigt sind, eine KVNR zu bilden, ist § 17 Abs. 4 IRegG. Die datenschutzrechtlichen Verarbeitungs- und Offenlegungsbefugnisse knüpfen dabei tatbestandlich an die Vornahme einer konkreten implantatbezogenen Maßnahme i. S. v. § 17 IRegG an. 

Aber auch in diesen Konstellationen, wenn eine KVNR kurzfristig (bei der Aufnahme in ein Krankenhaus) anlassbezogen gebildet werden muss bzw. einwilligungsfrei gebildet werden darf, kann es zu zeitlichen Verzögerungen kommen, insbesondere bei fehlenden Daten der Versicherten oder nicht erklärter Einwilligungen der Versicherten in die erforderliche Datenverarbeitung. Diese Verzögerungen führen dazu, dass die individuell-patientenschützende Wirkung des Implantateregisters eingeschränkt ist. Gleichzeitig droht den Kliniken ein Vergütungsausschluss nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 IRegG, wenn sie bei den verpflichtenden Implantatmeldungen keine KVNR nutzen können. 

Bei über einer halben Millionen Implantationen jährlich (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung für das Implantateregister-Errichtungsgesetz, BT-Drs. 19/10523, S. 57) ist davon auszugehen, dass sich etwa jeder zweite deutsche Bürger mindestens einmal im Leben einer implantatbezogenen Maßnahme unterziehen muss und spätestens dann eine KVNR benötigt. Vor diesem Hintergrund sollten sämtliche Privatversicherten im Vorfeld verpflichtend mit KVNR ausgestattet werden, um Implantatmeldungen jederzeit anstoßen zu können und dem Zweck des IRegG Genüge zu tun. 

Im IRegG sollte daher eine verpflichtende Vergabe von KVNR vorgesehen werden, mit welcher eine hinreichende Datenverarbeitungsbefugnis nach Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. c) DSGVO für die Versicherer einher geht. § 17 Abs. 4 IRegG sollte wie folgt angepasst werden:

„(4) Die privaten Krankenversicherungsunternehmen und die sonstigen Kostenträger vergeben für ihre Versicherten den unveränderbaren Teil der Krankenversichertennummer nach § 290 Absatz 1 Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch. § 290 Absatz 3 Satz 5 und § 362 Absatz 2 Satz 2 und 3 und Absatz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten entsprechend. Abweichend von Satz 1 können die sonstigen Kostenträger für ihre Versicherten eine andere eindeutige, unveränderbare und nach einheitlichen Kriterien gebildete Identifikationsnummer vergeben.“

  • Ergänzung des § 2 Abs. 1 IRegBV um eine hinreichende Frist zur Umsetzung der KVNR-Vergabe 

Nach § 2 Abs. 1 IRegBV sind die Unternehmen der Privaten Krankenversicherung seit dem 1. Januar 2023 verpflichtet, ihren Versicherten die KVNR dann bereitzustellen, wenn eine implantatbezogene Maßnahme vorliegt. Mit der vorstehend vorgeschlagenen Änderung des § 17 Abs. 4 IRegG soll die Pflicht der PKV-Unternehmen begründet werden, künftig fortlaufend sämtliche Versicherte mit einer KVNR auszustatten. Um die KVNR-Vergabe zudem für sämtliche Bestandsversicherten der PKV nachzuholen, bedarf es einer angemessenen Umsetzungsfrist von nicht weniger als 12 Monaten ab dem Inkrafttreten der vorstehend vorgeschlagenen Änderung des IRegG, um die für KVNR-Bildung erforderlichen personenbezogenen Daten der Versicherten einzuholen, die Rentenversicherungsnummer (RVNR) bei der Deutschen Rentenversicherung abzurufen bzw. bilden zu lassen und auf der Basis der RVNR die KVNR durch die Vertrauensstelle Krankenversichertennummer bilden zu lassen. 

Regelungsvorschlag für eine Neufassung des § 2 Absatz 1 IRegBV:

„(1) Die privaten Krankenversicherungsunternehmen und die sonstigen Kostenträger haben ihre Pflichten nach § 17 Absatz 4 des Implantateregistergesetzes ab dem 1. Januar 2023 zu erfüllen. Für die am […2024] bei ihnen Versicherten sind die Pflichten nach Satz 1 spätestens bis zum 1. [Umsetzungszeitraum: 12 Monate] zu erfüllen.“

  • Ergänzung des § 362 Abs. 2 SGB V insbesondere um die Verarbeitungsbefugnis einer bestehenden KVNR sowie der für deren Bildung und Clearing erforderlichen personenbezogenen Daten für die Bereitstellung und Nutzung einer eGK, einer eID sowie der TI-Anwendungen nach § 334 Abs. 1 S. 2 SGB V

Durch die vorstehend vorgeschlagene Änderung des § 17 Abs. 4 IRegG würden die in § 362 Abs. 2 S. 1 SGB V genannten Kostenträger künftig verpflichtet, ihren Versicherten die für die Implantatmeldungen erforderlichen KVNR bereitzustellen. Daraus folgt die Befugnis, die hierfür erforderlichen personenbezogenen Daten zu verarbeiten. Um die personenbezogenen Daten einschließlich der KVNR auch für die Bereitstellung und Nutzung einer eGK, einer eID oder der TI-Anwendungen nach § 334 Abs. 1 S. 2 SGB V nutzbar zu machen, bedarf es einer entsprechenden Weiterverarbeitungsbefugnis für die Kostenträger außerhalb der GKV.

Zudem sollte in der Verweiskette des § 362 Abs. 2 S. 2 SGB V (technisch) klargestellt werden, dass die von den Kostenträgern nach § 362 Abs. 2 SGB V vergebenen KVNR im KVNR-Verzeichnis nach § 290 Abs. 3 SGB V zu führen sind und dass der Datenabgleich, um Mehrfachvergaben derselben KVNR auszuschließen oder zu korrigieren, innerhalb des von der Vertrauensstelle nach § 290 Abs. 3 S. 1 SGB V geführten Registers erfolgt.

§ 362 Abs. 2 SGB V sollte entsprechend wie folgt geändert werden:

„(2) Für den Einsatz elektronischer Gesundheitskarten oder digitaler Identitäten nach Absatz 1 können Unternehmen der privaten Krankenversicherung, der Postbeamtenkrankenkasse, der Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten, die Bundespolizei, die Landespolizeien, die Bundeswehr oder die Träger der freien Heilfürsorge als Versichertennummer den unveränderbaren Teil der Krankenversichertennummer nach § 290 Absatz 1 Satz 2 nutzen. § 290 Absatz 1 Satz 4 bis 7 und Absatz 3 sind entsprechend anzuwenden. Die Vergabe der Versichertennummer erfolgt durch die Vertrauensstelle nach § 290 Absatz 2 Satz 2 und hat den Vorgaben der Richtlinien nach § 290 Absatz 2 Satz 1 für den unveränderbaren Teil der Krankenversichertennummer zu entsprechen. Die in Satz 1 genannten Kostenträger sind berechtigt, die Krankenversichertennummer nach § 290 Absatz 1 Satz 2 sowie die für das Clearing nach Maßgabe der Richtlinie nach § 290 Absatz 2 Satz 1 erforderlichen personenbezogenen Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Bereitstellung und Nutzung einer elektronischen Gesundheitskarte, einer digitalen Identität oder der Anwendungen nach § 334 Absatz 1 Satz 2 erforderlich ist.“

2. Redaktionelle Korrektur des Verweises in § 359a Abs. 4 SGB V

Durch das Digital-Gesetz wurde die E-Rechnung als neue TI-Anwendung in das SGB V aufgenommen und in § 359a SGB V geregelt. Die aktuelle Fassung des § 359a Abs. 4 SGB V sieht vor, dass die Erteilung der Einwilligung in den Zugriff auf die Daten des Versicherten in der E-Rechnung nach § 359a Abs. 1 S. 2 SGB V über die Benutzeroberfläche eines geeigneten Endgerätes erfolgen muss und einer eindeutigen bestätigenden Handlung bedarf.

Da die E-Rechnung nicht in § 359a Abs. 1 S. 2 SGB V, sondern in § 359 Abs. 1 S. 1 SGB V definiert ist, handelt es sich bei dem Verweis in § 359a Abs. 4 SGB V offensichtlich um ein Redaktionsversehen, welches entsprechend korrigiert werden sollte.

§ 359a Abs. 4 SGB V sollte wie folgt berichtigt werden:

„(4) Die Erteilung der Einwilligung in den Zugriff auf die Daten des Versicherten in der elektronischen Rechnung nach Absatz 1 Satz 1 erfolgt über die Benutzeroberfläche eines geeigneten Endgerätes und bedarf einer eindeutigen bestätigenden Handlung.“

3. Datenschutzrechtliche Verarbeitungsbefugnisse im Kontext von Meldungen nach dem 
IRegG bei Kostenträgerwechseln

Nach der aktuellen Fassung des § 17 Abs. 2 IRegG sind die jeweiligen Kostenträger bei Vorliegen implantatbezogener Maßnahmen verpflichtet, der Vertrauensstelle fortlaufend den Vitalstatus und das Sterbedatum der von einer implantatbezogenen Maßnahme betroffenen Versicherten (Nr. 1), den Wechsel der Krankenversicherung unter Angabe des unveränderbaren Teils der KVNR bzw. einer bisherigen und einer neuen Identifikationsnummer nach Abs. 4 Satz 3 (Nr. 2) sowie das aktuelle Institutionskennzeichen bzw. eine vergleichbare Kennzeichnung des Kostenträgers (Nr. 3) zu übermitteln.

Die Erfüllung der Verpflichtung zur Mitteilung des Wechsels des Kostenträgers setzt voraus, dass der notwendige Datenaustausch zwischen dem alten und dem neuen Kostenträger stattfinden kann. Dies betrifft insbesondere auch die Information, dass bei den betreffenden Versicherten eine implantatbezogene Maßnahme vorliegt (Gesundheitsdatum i. S. d. Art. 4 Nr. 15 DSGVO), die eine fortlaufende Meldepflicht des neuen Kostenträgers auslöst. Zur Herstellung hinreichender Rechtssicherheit sollte die (datenschutz)rechtliche Zulässigkeit des ggfs. auch Kostenträgersystemübergreifenden Informationsaustauschs für die Erfüllung der jeweiligen implantatgesetzlichen Mitteilungspflichten ausdrücklich geregelt werden.

4. PKV-Verband als Gesellschafter der Digitalagentur Gesundheit - § 310 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 SGB V; § 306 Abs. 1 sowie § 316 SGB V

Bisherige Regelungen:

Im Abs. 2 Satz 2 des §310 SGB V findet sich die veraltete 24,5 Prozentangabe des Geschäftsanteils des Spitzenverbands Bund der Krankenkassen (GKV-SV) an der gematik GmbH . Im Abs. 3 des § 310 SGB V findet sich eine inhaltlich überholte Formulierung zum möglichen Beitritt des PKV-Verbands in den Gesellschafterkreis. 

Bewertung:

Am 3. April 2020 ist der PKV-Verband gemäß den Vorgaben des § 310 SGB V mit Zustimmung sämtlicher Gesellschafter, also auch des Bundes, in den Gesellschafterkreis aufgenommen worden. Der Geschäftsanteil des GKV-SV beträgt seitdem 22,05 Prozent, der des PKV-Verbands 2,45 Prozent. Insofern entspricht der Gesetzestext heute nicht mehr der Realität und sollte entsprechend angepasst werden.  

Änderungsvorschlag: 

Angepasst werden müssten insbesondere § 306 Abs. 1 und § 310 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 SGB V, die um den PKV-Verband als Gesellschafter der gematik GmbH zu ergänzen wären. Zudem hat der PKV-Verband mit dem GKV-SV, welcher gemäß § 316 SGB V (bislang allein) zur Finanzierung der gematik verpflichtet ist, eine Vereinbarung zur Mitfinanzierung der Kosten der TI durch die PKV abgeschlossen, wonach der PKV-Verband dem GKV-SV einen Teil der Aufwendungen der gematik GmbH sowie für die Erst- und Folgeausstattung samt Betriebskosten der Leistungserbringer (vgl. §§ 376 ff. SGB V) erstattet. Um diese durchaus erhebliche Mitfinanzierung und insoweit die Rolle der PKV sachgerecht sichtbar zu machen, sollten die betreffenden Regelungen an die aktuelle Sachlage angepasst werden.