Der Bundesrat möchte das digitale Verfahren zum Datenaustausch im Lohnsteuerabzugsverfahren verschieben. Die PKV ist auf das neue Verfahren bereits vorbereitet und hat ihrerseits alle Voraussetzungen zur Umsetzung geschaffen. Die Finanzverwaltung muss die offenen Fragen nun zügig klären.
I. Vorbemerkung
Im Wege des Jahressteuergesetzes 2020 (JStG 2020) wurde vom Deutschen Bundestag durch Änderung bzw. Einführung des § 39 Abs. 4 und 4a EStG-neu ein vollständig digitaler Datenaustausch im Lohnsteuerabzugsverfahren zwischen den Unternehmen der Privaten Krankenversicherung, der Finanzverwaltung und den Arbeitgebern als Ersatz für die bisherigen Papierbescheinigungen, beginnend ab dem 1. Januar 2024, beschlossen (vgl. Art. 4 u. 5, JStG 2020, BGBl. I, S. 3096, 3103 f.). Das im Jahr 2009 mit dem Bürgerentlastungsgesetz (BGBl. I 2009, S. 1959) als Übergangslösung eingeführte, auf der Grundlage von Papierbescheinigungen etablierte Verfahren sollte damit endlich abgelöst werden. Zur Umsetzung des Jahressteuergesetzes 2020 erfolgten bereits weitreichende Vorarbeiten; das Gesetz selbst setzt auf Vorarbeiten auf, die von den Beteiligten in der Arbeitsgemeinschaft wirtschaftliche Verwaltung (AWV) im Konsens entwickelt wurden.
Ungeachtet dessen wurde der PKV-Verband vom Bundesministerium der Finanzen nach Abstim-mung mit den obersten Finanzbehörden der Länder im Mai 2023 darüber in Kenntnis gesetzt, dass der neue elektronische Datenaustausch nicht zum bislang gesetzlich vorgesehenen Starttermin 1. Januar 2024, sondern erst in 2025 oder spätestens 2026 in Vollzug gesetzt werden soll. In diesem Sinne enthält die Stellungnahme des Bundesrates zum vorliegenden Entwurf eines Wachstumschancengesetzes vom 20. Oktober 2023 (BR-Drs. 433/23) unter Ziffer 22 einen Beschluss, den Starttermin für das neue elektronische Übermittlungsverfahren auf den 1. Januar 2026 zu verschieben.
II. Bewertung
Zu Ziffer 22 des Beschlusses des Bundesrates vom 20. Oktober 2023 (BR-Drs. 433/23(B))
Art. 5 Nr. 19 Buchst. e – neu – (§ 52 Abs. 36 S. 3, 4 - neu - EStG)
Die private Kranken- und Pflegeversicherung begrüßt und unterstützt ausdrücklich das Ansinnen des Gesetzgebers, Prozesse an der Schnittstelle zwischen Versicherungsunternehmen, Versicherten und deren Arbeitgebern oder Dienstherrn zu digitalisieren und bürokratischen Aufwand sowie Fehlerquellen bei der (lohn-)steuerlichen Behandlung der Beiträge zu einer privaten Kranken- und Pflegeversicherung zu reduzieren. Entsprechend haben sich die Unternehmen der Privaten Kranken- und Pflegeversicherung und der PKV-Verband umfassend und lösungsorientiert in die Abstimmung und Ausgestaltung des zukünftigen (technischen) Verfahrens mit dem insoweit federführenden Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) eingebracht.
PKV-Verband hat seit Schaffung der gesetzlichen Grundlagen für das neue elektronische Verfahren regelmäßig auf den – für ein derart umfassendes Digitalisierungsvorhaben anspruchsvollen – Zeitplan hingewiesen und dafür geworben, rechtzeitig die erforderlichen Festlegungen durch die Fi-nanzverwaltung vorzunehmen. Gleichzeitig haben die Versicherer erhebliche (finanzielle und kapazitative) Anstrengungen unternommen und umfangreiche Projekte für die bislang für Ende 2023 / Anfang 2024 vorgesehenen Datenmeldungen initiiert, um den bisherigen Erstanwendungszeitpunkt gewährleisten zu können. Diese Vorarbeiten sind im Wesentlichen abgeschlossen; zum Teil wurden auch bereits Versicherungsnehmer über die Ablösung des bisherigen Papierbescheinigungsverfahrens informiert und Datenmeldungen im Rahmen des Pilotverfahrens des BZSt durchgeführt. Die PKV-Branche wäre mithin fristwahrend dazu in der Lage, die bereits Mitte November 2023 erforderlichen Datenmeldungen vorzunehmen. Dies ungeachtet der Tatsache, dass seitens der Finanzverwaltung zum Teil grundsätzliche Fragestellungen (z.B. Zuordnungsfragen der zu meldenden Beiträge zu den Arbeitnehmern, Sicherstellung der hinreichenden datenschutzrechtlichen Berechtigung der Datenmeldungen, (steuerliche) Legitimation der Datenmeldungen für bestimmte Personengruppen ohne erkennbaren Nutzen im Rahmen des Lohnsteuerabzugsverfahrens (insbesondere Selbständige und Rentner)), welche die PKV-Unternehmen frühzeitig adressiert hatten, noch keiner abschließenden Klärung zugeführt werden konnten.
Vor diesem Hintergrund ist die Verschiebung aus Sicht der Privaten Krankenversicherung bedauerlich. Es ist nunmehr zwingend erforderlich, den vom Bundesrat angestoßenen neuen Einführungstermin Anfang 2026 einzuhalten – eine erneute Verschiebung wäre mit erheblichen Kosten und Folgeaufwendungen verbunden. Sie würde den allgemeinen Bemühungen um digitale Prozesse und Abbau von Bürokratie zuwiderlaufen und sollte daher unbedingt vermieden werden. Insbeson-dere die Klärung der verbliebenen Anwendungsfragen sollte nun rasch erfolgen, damit ausreichen-de IT- und Projekt-Ressourcen (auch auf Seiten der Finanzverwaltung) mit dem notwendigen Vorlauf geplant und bereitgestellt werden können. Prioritär klärungsbedürftig sind dabei die gegenüber der Finanzverwaltung bereits adressierten, bislang nicht abschließend geklärten Gestaltungsfragen, insbesondere zu datenschutzrechtlichen Klarstellungen / Legitimationen der vorgesehenen Datenübermittlungen, Fragen der Zuordnung von Beiträgen im Familienkontext, Übermittlungspflicht von Beiträgen von grundsätzlich nicht arbeitgeberzuschussberechtigten Personenkreisen (z.B. Selbständige, Rentner).