III. WEITERER GESETZLICHER ANPASSUNGSBEDARF
Berücksichtigung der PKV bei der Verwendung von Verordnungen und Überweisungen in elektronischer Form (§§ 86, 86a SGB V)
Nach diesen Vorschriften vereinbart die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-SV) als Bestandteil der Bundesmantelverträge notwendige Regelungen für die Verwendung von Verordnungen und Überweisungen in elektronischer Form. Dies umfasst in der praktischen Umsetzung eine Zertifizierung der Umsetzung der getroffenen Regelungen für die Verwendung der digitalen Muster und Primärsysteme. Um die PKV-Spezifika in der TI abbilden zu können, ist deren Prüfung / Zertifizierung durch die KBV im Zertifizierungsverfahren erforderlich. Um zukünftig im gleichen Sinne auch die PKV-spezifischen Formulare für Rezepte und Überweisungen digital zu standardisieren und deren Eignung für die Verwendung über die TI festzulegen, ist für den PKV-Verband grundsätzlich eine analoge gesetzliche Regelungsbefugnis erforderlich; zumindest wäre es jedoch im Sinne einer vollumfänglichen und durch die Industrie umsetzbaren Digitalisierung des Gesundheitswesens unabdingbar, dass die KBV verpflichtet wird, nicht nur die Erfordernisse der GKV, sondern auch die Belange weiterer Kostenträger (inkl. Beihilfe) bei der Festlegung der Anforderungen und der erforderlichen Zertifizierung zu berücksichtigen.
Daher sollte eine gesetzliche Vereinbarungskompetenz für die KBV und den PKV-Verband zur Festlegung notwendiger Regelungen für die Gestaltung und Verwendung von Verordnungen und Überweisungen in elektronischer Form geschaffen werden. Hilfsweise könnte die KBV zur Berücksichtigung der Erfordernisse weiterer Kostenträger bei der Festlegung von Anforderungen an die Muster und Primärsysteme und deren Zertifizierung verpflichtet werden.
Vergabe der Rentenversicherungsnummer / Generierung der Krankenversichertennummer (§ 290 SGB V)
Nach § 362 Abs. 2 SGB V können die PKV-Unternehmen für den Einsatz von elektronischen Gesundheitskarten (eGK) und die Nutzung einer digitalen Identität den unveränderbaren Teil der KVNR nutzen. (Technische) Voraussetzung für die Nutzung der Anwendungen der TI durch die Privatversicherten ist die Vergabe einer Krankenversichertennummer (KVNR) nach § 290 SGB V. Das Vorliegen einer eineindeutigen KVNR ist bei Privatversicherten darüber hinaus auch für die verpflichtenden Meldungen nach dem Implantateregistergesetz (IRegG) unabdingbar.
Die Generierung der KVNR erfolgt auf der Grundlage der Rentenversicherungsnummer (RVNR) des Versicherten nach den Richtlinien gemäß § 290 Abs. 2 Satz 1 SGB V. Für die Ermittlung der RVNR sowie für die Bildung und das Clearing der KVNR durch die – insofern einheitlich für die GKV und die PKV zuständige – Vertrauensstelle ist es erforderlich, dass die Privatversicherten die zu ihrer Identifikation erforderlichen Daten (insb. Name, Vorname(n) einschließlich etwaiger Titel, Vorsatzwörter, Geschlecht, Geburtsname, Geburtsdatum, Geburtsort und Geburtsland, Staatsangehörigkeit) zur Verfügung stellen.
Um den PKV-Versicherten die Nutzung der seitens der PKV-Unternehmen nach aktueller Rechtslage freiwillig angebotenen TI-Services zu ermöglichen, bedarf es der (aktiven) Mitwirkung der Versicherten. Erteilen diese die erforderliche Einwilligung für die notwendigen Datenverarbeitungen bei der Bildung der KVNR und ggf. der RVNR nicht und stellen die in diesem Zusammenhang erforderlichen Daten nicht zur Verfügung, kann die KVNR für diese Personen nicht gebildet werden und dem Versicherten kann der Zugang zu den TI-Services, u.a. zur ePA, nicht ermöglicht werden. Dies erlangt besondere Relevanz, sobald auch für die PKV-Versicherten die ePA obligatorisch wird, wie dies im Koalitionsvertrag der Regierungsparteien vorgesehen ist (sog. „opt-out“). Ohne eine entsprechende einwilligungsunabhängige Verarbeitungsbefugnis sowie die Sicherstellung der Mitwirkung der Versicherten könnten die PKV-Unternehmen einer Verpflichtung nicht nachkommen, jedem PKV-Versicherten eine ePA mit opt-out-Option zur Verfügung zu stellen – das politische opt-out-Ziel und insoweit die Versorgung eines nennenswerten Teils der deutschen Bevölkerung mit ePA würde mithin durch praktische Hindernisse konterkariert.
Unabhängig von der Verwendung der KVNR für die nach aktueller Rechtlage freiwillige Nutzung der TI-Services sind die PKV-Unternehmen nach § 17 Abs. 3 IRegG verpflichtet, Meldungen zum Implantateregister unter Nutzung des unveränderbaren Teils der KVNR vorzunehmen und den Versicherten den unveränderbaren Teil der KVNR zur Verfügung zu stellen (§ 17 Abs. 4 Satz 1 IRegG). Diese gesetzlichen Verpflichtungen der Versicherungsunternehmen und die damit einhergehenden einwilligungsunabhängigen Datenverarbeitungsbefugnisse knüpfen tatbestandlich an das Vorliegen einer implantatbezogenen Maßnahme an. Vor diesem Zeitpunkt bedarf es der ausdrücklichen Einwilligung sowie der freiwilligen Mitwirkung des Versicherten. Liegen dem Versicherungsunternehmen die KVNR und/oder die für die Bildung und das Clearing der KVNR und ggf. der RVNR erforderlichen Daten im Zeitpunkt der Implantation nicht vor (z.B. bei ungeplanten Implantationen) bzw. weigert sich der Versicherte, die erforderlichen Daten bei Vorliegen einer implantatbezogenen Maßnahme zur Verfügung zu stellen oder ist hierzu nicht in der Lage, ist es dem betreffenden Versicherungsunternehmen faktisch nicht möglich, seine Verpflichtungen nach dem IRegG zu erfüllen. Darüber hinaus droht den die Implantation vornehmenden Kliniken nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 IRegG ein Vergütungsausschluss, sollte die KVNR nicht für die den Klinken obliegenden Meldepflichten innerhalb der maßgeblichen 6-Monats-Frist zur Verfügung gestellt werden können. Dabei ist zu beachten, dass es neben der Fallgruppe der verweigerten Mitwirkung des Versicherten in der Praxis insbesondere bei ungeplanten Implantationen zu erheblichen Zeitaufwänden für die ggf. erforderliche Einholung bzw. Vervollständigung der notwendigen Daten sowie für die Bildung der RVNR durch die Deutsche Rentenversicherung (Bund) (DRV) und / oder der KVNR durch die Vertrauensstelle kommen kann.
§ 362 Abs. 2 SGB V sollte daher dahingehend ergänzt werden, dass PKV-Unternehmen den unveränderbaren Teil der KVNR – analog zur GKV – ohne vorheriges Einwilligungserfordernis für ihre Versicherten ermitteln und ggf. erstmalig vergeben und zu diesem Zweck auch die RVNR ohne Einwilligung ermitteln und ggf. durch die DRV erstmalig bilden lassen dürfen. Korrespondierend hierzu bedarf es einer gesetzlichen Verpflichtung der Versicherten, den PKV-Unternehmen die für den Abruf bzw. die Bildung der KVNR und der RVNR sowie das fortlaufende Clearing der KVNR gemäß der Richtlinie nach § 290 Abs. 2 Satz 1 SGB V erforderlichen Daten zur Verfügung zu stellen.
Weiterhin sollte (zumindest) § 17 Abs. 4 IRegG zur Sicherstellung der Erfüllbarkeit der Meldepflichten nach dem IRegG um die erforderliche datenschutzrechtliche Grundlage ergänzt werden. Die in § 362 SGB V bzw. § 17 IRegG genannten Kostenträger sollten – analog zur GKV – berechtigt werden, für jeden Vollversicherten ohne vorheriges Einwilligungserfordernis eine KVNR (inkl. Clearing) und ggf. eine RVNR zu bilden und die hierfür erforderlichen Daten zu verarbeiten. Ferner sollte die Verpflichtung der Versicherten aufgenommen werden, die hierfür erforderlichen Daten zur Verfügung zu stellen. Auch sollte klarstellend in § 17 Abs. 4 IRegG geregelt werden, worauf sich die Verpflichtung der PKV-Unternehmen, die KVNR für ihre Versicherten barrierefrei bereitzustellen, und die damit einhergehende datenschutzrechtliche Verarbeitungsbefugnis konkret bezieht, insbesondere, an wen und wann die KVNR zu übermitteln ist (z.B. an die eine implantatbezogene Maßnahme vornehmenden Kliniken).
Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung – eAU (§ 295 Abs. 1 SGB V)
Der Gesetzgeber hat im Rahmen des Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG) sowie im Nachgang im Rahmen des Dritten Bürokratieentlastungsgesetzes die wesentlichen Voraussetzungen für den zukünftigen elektronischen Prozess der Übermittlung der eAU in der GKV geschaffen. Nach § 295 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 SGB V, in der Fassung, die zum 1. Januar 2021 in Kraft getreten ist, haben die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen die von ihnen festgestellten Arbeitsunfähigkeitsdaten aufzuzeichnen und unter Angabe der Diagnose und Nutzung der TI nach § 291a SGB V unmittelbar elektronisch an die Krankenkasse zu übermitteln. Zudem haben die Krankenkassen nach § 109 Abs. 1 SGB IV nach Eingang der Arbeitsunfähigkeitsdaten nach § 295 Abs. 1 Satz 1 SGB V eine Meldung zum Abruf für den Arbeitgeber zu erstellen.
Die PKV strebt grundsätzlich ein analoges Angebot von eAU für ihre Versicherten an und möchte dies in die technischen Prozesse und Systeme (Nutzung der entsprechenden Fachdienste, bspw. Datenübertragung mittels KIM bzw. Ablage in der ePA) integrieren. Allerdings fehlt es derzeit an einer entsprechenden gesetzlichen Regelung, um auch die elektronischen Übermittlungen der eAU für die Privatversicherten reibungslos umzusetzen. Konkret geht es um folgende Problemstellung: Ohne analoge Bestimmungen zur GKV wäre es datenschutzrechtlich grds. erforderlich, zunächst die Einwilligung der Versicherten zur Entgegennahme, Verarbeitung und Nutzung ihrer Daten einzuholen. Darüber hinaus müssten je nach Ausgestaltung des Prozesses auch die Versicherten gegenüber den behandelnden Ärzten ihr Einverständnis abgeben. Dieser Prozess birgt aus Sicht der PKV das Risiko, dass eine nennenswerte Anzahl von Versicherten die erforderlichen Einwilligungen nicht erklären und es folglich auf absehbare Zeit bei einem parallelen papiergebundenen Verfahren bleibt. Dies ist nicht im Sinne der angestrebten vollständigen Digitalisierung des Gesundheitswesens, nicht im Sinne der Versicherten und Leistungserbringer sowie auch nicht im Sinne der PKV.
Die Rechts- und Interessenlage bei der Nutzung der eAU ist für die Versicherten der GKV und der PKV in vielerlei Hinsicht vergleichbar. Beide Versichertengruppen haben nach den Bestimmungen des § 3 EntgFG bei unverschuldeter krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen. Vergleichbar dem Krankengeld in der GKV sind die PKV-Versicherten bei Leistungen ihrer Krankenversicherung, die an eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit anknüpfen, wie die Krankentagegeldversicherung, durch den Versicherungsvertrag (vgl. § 9 Abs. 1 Satz 1 der Musterbedingungen für das Krankentagegeld; MB/KT 2009) verpflichtet, dem Versicherer die ärztlich festgestellte Arbeitsunfähigkeit unverzüglich, spätestens aber innerhalb der im Tarif festgesetzten Frist, durch Vorlage der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung anzuzeigen.
Der PKV-Verband befindet sich derzeit in der Abstimmung mit dem BMG zu konkreten Gestaltungen des „PKV-eAU-Prozesses“. Die insoweit bislang diskutierten Gestaltungsoptionen – unter Berücksichtigung der speziellen Erfordernisse der PKV-Versicherten – setzen die aktive Einwilligung der Versicherten in jedem Einzelfall voraus. Das dürfte zu einem enormen zusätzlichen Bürokratieaufwand bei den Leistungserbringern führen. Analog zur Rechtslage in der GKV sollten daher die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen werden, diese Datenübermittlungseinwilligungen entbehrlich zu machen.
Es sollten daher entsprechende gesetzliche Regelungen vorgesehen werden, damit auch für PKV-Versicherte die Möglichkeit der digitalen Übermittlung von Bescheinigungen über eine Arbeitsunfähigkeit genutzt werden kann. Dabei sollte sichergestellt werden, dass die durch die Leistungserbringer digital zu übermittelnden Arbeitsunfähigkeitsdaten in dem für die Bereitstellung zum Abruf durch den Arbeitgeber sowie in dem für die vertragliche Leistungsfallbearbeitung, der die gemeldete Arbeitsunfähigkeit zugrunde liegt, erforderlichen Umfang ohne gesonderte Einwilligung des Versicherten verarbeitet werden dürfen. Darüber hinaus ist eine rechtliche Grundlage für den Abruf der Daten durch die Arbeitgeber erforderlich, um zugunsten der Versicherten die Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz bei der Verwendung der eAU sicherzustellen.
Telematikinfrastruktur / Gesellschaft für Telematik (§ 306 Abs. 1 und § 310 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 SGB V sowie § 316 SGB V)
Am 3. April 2020 hat der PKV-Verband gemäß den Vorgaben des § 310 SGB V mit Zustimmung sämtlicher Gesellschafter, also auch des Bundes, 2,45 % der Anteile an der gematik vom GKV-SV übernommen. Entsprechend wäre dieser Umstand insbesondere in § 306 Abs. 1 und § 310 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 SGB V zu ergänzen bzw. abzubilden. In diesem Zusammenhang hat der PKV-Verband mit dem GKV-SV, welcher gemäß § 316 SGB V (bislang allein) zur Finanzierung der gematik verpflichtet ist, eine Vereinbarung zur Mitfinanzierung der gematik durch die PKV abgeschlossen, wonach der PKV-Verband dem GKV-SV einen Teil der Aufwendungen zugunsten der gematik sowie für die Erst- und Folgeausstattung samt Betriebskosten der Leistungserbringer (vgl. §§ 376 ff. SGB V) erstattet. Auch dies sollte Berücksichtigung im Gesetzestext finden.
Datenschutzrechtliche Verantwortlichkeiten (§ 307 SGB V)
Hinreichende datenschutzrechtliche Rahmenbedingungen in Bezug auf alle relevanten Datenverarbeitungen sind eine wesentliche Voraussetzung für die Nutzbarmachung und für die Nutzbarkeit der Anwendungen der TI in der PKV. Aus Gründen der Rechts- und Anwendungssicherheit sollte daher die Regelung zur Festlegung der datenschutzrechtlichen Verantwortlichkeit für die Datenverarbeitung (§ 307 SGB V) auch die entsprechenden PKV-Prozesse bzw. PKV-erheblichen Prozesse betreffen.
E-Rechnung als neue Anwendung der TI / Nutzung der ePA als zentraler Datenspeicher (§ 334 Abs. 1 SGB V, § 341 Abs. 2 Nr. 13 SGB V)
Die Abrechnung von Leistungen der Leistungserbringer, z.B. nach der GOÄ bzw. der GOZ, sowie die Abrechnung von ärztlichen Verordnungen erfolgen in der PKV im Regelfall noch durch papiergebundene Rechnungsstellungen. Ziel einer umfassenden Digitalisierung des Gesundheitswesens sollte es sein, dass diese „analoge“ Praxis ebenfalls über die TI abgewickelt werden kann (E-Rechnung). Um dies umzusetzen und sicherzustellen, dass die gematik die E-Rechnungen bei ihren zukünftigen technischen Konzeptionierungen hinreichend berücksichtigen kann, ist es erforderlich, die E-Rechnung in § 334 Abs. 1 SGB V als TI-Anwendung festzulegen.
Parallel sollte die ePA als zentraler Datenspeicher für den Versicherten nutzbar sein, um eine langfristige Speicherung bzw. Archivierung u.a. von E-Rechnungen sowie der Abrechnungsinformationen des E-Rezeptes zu gewährleisten. Entsprechend sollte die Möglichkeit der elektronischen Abwicklung von Rechnungen der Leistungserbringer bei der Gestaltung der ePA berücksichtigt werden. In § 341 Abs. 2 Nr. 13 SGB V sind als potentielle Dateninhalte für die ePA auch „sonstige von den Leistungserbringern für die Versicherten bereitgestellte Daten“ vorgesehen. Darunter können grundsätzlich auch die
E-Rechnungen verstanden werden. Hier wäre insoweit eine redaktionelle Klarstellung sinnvoll, dass auch E-Rechnungen Inhalt der ePA sein können und insoweit die Ablage strukturierter Rechnungsdaten ermöglichen.
Über diesen Weg könnte ein schlanker und gleichzeitig gegenüber dem aktuellen, primär papiergebundenen Verfahren i. S. d. Privatversicherten einschließlich Beihilfeberechtigten erheblich schnellerer Prozess für die Abwicklung der Kostenerstattung etabliert werden. Insoweit könnte gleichzeitig das im Koalitionsvertrag enthaltene Vorhaben einer Direktabrechnung für Kinder und Jugendliche in der PKV technisch und operativ effizienter umzusetzen und die damit verbundenen Ziele noch besser erreicht werden, als dies bei der komplexen und fehler- bzw. streitanfälligen Schaffung einer Direktabrechnungsmöglichkeit der Leistungserbringer der Fall wäre. Zielsetzung der PKV sind technische Gestaltungen, die es den Versicherten erlauben, in wenigen Sekunden nach der digitalen Übermittlung der Rechnungsdaten in die Sphäre des Versicherten diese „mit einem Klick“ an die Versicherer zu übermitteln. Eine Vorleistungspflicht einschließlich der damit verbundenen Liquiditätsbelastungen der Privatversicherten würde vor dem Hintergrund der Zahlungsfristen der Leistungserbringer faktisch nicht mehr bestehen.
E-Rechnung – Zugang für Abrechnungsstellen (PVS) zur TI
In der PKV werden von den Leistungserbringern vielfach Privatärztliche Verrechnungsstellen (PVS) damit beauftragt, die von ihnen erbrachten Leistungen zu liquidieren. Unter Berücksichtigung des in der PKV geltenden Kostenerstattungsprinzips ist daher sicherzustellen, dass auch die PVS Rechnungen in der TI (bspw. in der neu zu schaffenden TI-Anwendung E-Rechnung bzw. einem Fachdienst mit der Option, eine Archivierung in der ePA vorzunehmen) ablegen können. Ohne eine entsprechende Regelung könnte der überwiegende Teil der privatärztlich erbrachten Leistungen nicht über die TI abgebildet werden und in der PKV würde die Kostenerstattung weiterhin analog, d.h. papiergebunden, erfolgen müssen. Dieser Weg entspricht nicht dem vom Gesetzgeber verfolgten Ansatz der möglichst vollständigen Digitalisierung im Gesundheitswesen. Dies gilt ebenso für alle weiteren Abrechnungsstellen, die beauftragt werden, Ärzte und andere Leistungserbringer im Abrechnungsgeschehen zu entlasten und kann auch für GKV-Versicherte erforderlich sein, die sich als Selbstzahler behandeln lassen, z.B. IGEL-Leistungen, Bescheinigungen sowie Reiseimpfungen.
Daher sollten alle von den Leistungserbringern beauftragten Abrechnungsstellen (z.B. Privatärztliche Verrechnungsstellen) zum Zweck der elektronischen Rechnungsübermittlung als Ersatz für das bisherige Papierverfahren an die TI angebunden werden, um Daten in den Fachdienst der E-Rechnung einstellen können.
Anspruch der Versicherten auf Nutzung der ePA (§§ 346 bis 349 SGB V)
In den §§ 346 bis 349 SGB V werden Ärzte, Apotheker und Krankenhäuser verpflichtet, die gesetzlich Versicherten auf deren Verlangen bei der Nutzung der ePA zu unterstützen. Dies betrifft insbesondere die (erstmalige) inhaltliche Befüllung, Aktualisierung, Pflege und Nutzung der ePA. Der Anspruch erfasst alle gesetzlich versicherten Personen; die Verpflichtung besteht für alle an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer nach § 95 SGB V. Um die angestrebte flächendeckende Nutzung der ePA auch durch die Privatversicherten sicherzustellen, ist es notwendig, diese Ansprüche bzw. Verpflichtungen auch für den PKV-Bereich zu regeln. Ein entsprechender Anspruch besteht zu Gunsten der Privatversicherten bereits nach § 362 Abs. 1 i.V.m. § 358 Abs. 3 SGB V gegenüber Ärzten und Einrichtungen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, für die Notfalldaten in der elektronischen Patientenkurzakte (E-Patientenkurzakte). Dies erlangt besondere Relevanz, falls der Gesetzgeber für die PKV ebenfalls ein opt-out der Versicherten regeln würde.
Daher sollte § 362 Abs. 1 SGB V dahingehend ergänzt werden, dass die §§ 346 bis 349 SGB V in entsprechender Anwendung auch für die PKV gelten.
E-Verordnung – Pflicht der Nutzung der E-Verordnung für Privatversicherte (§ 360 SGB V)
Nach § 360 Abs. 13 Satz 1 SGB V können mit Einwilligung des Versicherten Rechnungsdaten zu einer eVerordnung für eine Dauer von maximal 10 Jahren gespeichert werden. Zudem können die Versicherten nach § 360 Abs. 13 Satz 2 SGB V auf die Abrechnungsdaten zugreifen und diese nach § 360 Abs. 13 Satz 3 SGB V mit dem Kostenträger zwecks Kostenerstattung teilen. In der Gesetzesbegründung zum DVPMG heißt es: „Der Kostenerstattungsanspruch von Versicherungsnehmern der privaten Krankenversicherung gegenüber ihrem Versicherer bleibt zehn Jahre lang bestehen, nachdem die Versicherungsnehmer eine elektronische Verordnung eingelöst haben. Entsprechend muss für sie in diesem gesamten Zeitraum auch die Möglichkeit bestehen, auf die zu Grunde liegende Rechnung zugreifen zu können. Dies wird mit dem neuen Absatz 12 (Anmerkung: aktuell in Absatz 13 geregelt) sichergestellt.“
Insoweit wurde Abs. 13 mit Blick auf die PKV und das für sie geltende Kostenerstattungsprinzip konzipiert. Allerdings ist § 360 Abs. 12 SGB V nicht über § 362 SGB V auf die PKV anzuwenden. Dasselbe gilt für die Regelung in Abs. 14, nach der mit Einwilligung des Versicherten Dispensierinformationen inklusive der Abrechnungsdaten der elektronischen Verordnung automatisiert in der ePA abgelegt werden können. Diese Daten benötigt der Privatversicherte für eine Kostenerstattung durch seine Versicherung, sodass auch diese Bestimmung über § 362 Abs. 1 SGB V auf die PKV anwendbar sein sollte.
Darüber hinaus sollte, wie bereits oben zu den §§ 346 bis 349 SGB V ausgeführt, nicht nur für die gesetzlich versicherten Personen, sondern auch für die Privat- und Beihilfeversicherten die Verpflichtung bzw. der Anspruch gegenüber den Leistungserbringern auf Nutzung der Anwendungen der TI bestehen. Dieser Gleichklang ist auch mit Blick auf die Anwendung der E-Verordnung herbeizuführen, sodass den Privat- und Beihilfeversicherten ein Anspruch auf Übermittlung und Verarbeitung vertragsärztlicher Verordnungen gegenüber den Leistungserbringern zustehen sollte. Um dem Abrechnungsvorgang in der PKV gerecht zu werden, sollten zudem die abgebenden Apotheker/Leistungserbringer dazu verpflichtet werden, die Abrechnungsdaten elektronisch zur Verfügung zu stellen. Dieses gilt umso mehr, da in § 360 Abs. 4 bis 7 SGB V weitere Fälle geregelt werden, in denen Verordnungen verpflichtend elektronisch auszustellen sind.
Die Regelungen des § 360 SGB V sollten daher auch für den PKV- und Beihilfebereich zwingend vorgesehen werden, damit alle Versicherten unabhängig von der Zugehörigkeit zum GKV-/PKV-System von der Digitalisierung der ärztlichen Verordnung profitieren können. Um eine Kostenerstattung in der PKV sicherzustellen, sollten klarstellend zumindest § 360 Abs. 13 und Abs. 14 SGB V über einen Verweis in § 362 Abs. 1 SGB V für anwendbar erklärt werden. Darüber hinaus sollte nicht nur für die gesetzlich versicherten Personen, sondern auch für die Privat- und Beihilfeversicherten die Verpflichtung bzw. der Anspruch gegenüber den Leistungserbringern auf Nutzung der E-Verordnung bestehen. Zudem sollten die abgebenden Apotheker/Leistungserbringer dazu verpflichtet werden, die Rechnungsinformationen einer E-Verordnung elektronisch zur Verfügung zu stellen.
E-Verordnung / E-Rezept – Speicherung in ePA (§ 360 Abs. 14 SGB V)
Um eine flächendeckende Nutzung zu ermöglichen, sollen die Versicherten perspektivisch ein singuläres Frontend (App) für alle ihre Daten in der TI (ePA, E-Verordnung / E-Rezept etc.) nutzen können. Hier bietet sich die ePA als zentraler Datenspeicher des Versicherten, bspw. auch für Daten aus Bestandsanwendungen wie den elektronischen Gesundheitsakten, an. Das gilt auch für die Daten, die der Abrechnung einer E-Verordnung / E-Rezept in der PKV und der Beihilfe zu Grunde liegen. Um die ePA für die Abrechnung der Verordnung zu qualifizieren, ist es erforderlich, dass nach § 360 Abs. 14 SGB V neben den Dispensierinformationen auch die Abrechnungsinformationen speicherbar sind. Die Dispensierinformationen und Abrechnungsinformationen können dann vom Versicherten über das entsprechende Frontend dem Kostenträger zugeleitet werden.
§ 360 Abs. 14 SGB V sollte daher unter Berücksichtigung des Abrechnungsprozesses in der PKV und der Beihilfe dahingehend ergänzt werden, dass auch eine Archivierung der Rechnungsdaten der ePA möglich wird.
Zugriffs- und Verarbeitungsrechte der Leistungserbringer (§§ 346 bis 349 SGB V, § 360 SGB V, § 295 SGB V)
Die in den §§ 346 bis 349 SGB V, § 360 SGB V und § 295 SGB V aufgeführten Verpflichtungen der Leistungserbringer zur Erstellung, Übermittlung und Einstellung von E-Verordnungen bzw. E-Rezepten, eAU etc. in die Anwendungen der TI sowie die Verpflichtung zur Übermittlung und Speicherung von Daten in der ePA sind mangels eines entsprechenden Verweises in § 362 Abs. 1 SGB V bisher nicht auf die PKV anzuwenden. Insoweit steht den Privat- und Beihilfeversicherten ein entsprechender Anspruch nicht zu. Es muss gleichwohl gewährleistet sein, dass die Leistungserbringer wie bei den gesetzlich versicherten Personen Daten in die Anwendungen der TI einstellen und speichern können. Unser Verständnis ist daher, dass die in den § 352 SGB V (Zugriff auf die Daten der ePA), § 356 SGB V (Zugriff auf elektronische Erklärungen zur Organ- und Gewebespende), § 357 SGB V (Zugriff auf Hinweise zu Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen), § 359 SGB V (Zugriff auf elektronische Notfalldaten inkl. Medikationsplan und E-Patientenkurzakte) und 361 SGB V (Zugriff auf E-Verordnungen / E-Rezepte) geregelten Zugriffs- und Verarbeitungsrechte der Leistungsberechtigten, die über § 362 Abs. 1 SGB V auf die PKV anzuwenden sind, auch das Erstellen, Einstellen, Übermitteln, Speichern etc. von Daten in diese Anwendungen der TI umfasst. Dies sollte durch den Gesetzgeber klargestellt werden und erlangt besondere Relevanz, falls der Gesetzgeber für die PKV ebenfalls ein opt-out der Versicherten umsetzen würde.
Es sollte also gesetzlich (bspw. in § 362 Abs. 1 SGB V) geregelt bzw. zumindest klarstellend festgehalten werden, dass unter den Begriff des Zugriffs auf und des Verarbeitens von Daten in den Anwendungen der TI durch Leistungserbringer auch das Erstellen, Einstellen, Übermitteln, Speichern etc. von Daten in den Anwendungen der TI fällt.
Sicherstellung der Finanzierung (§ 362 SGB V)
Bislang ist aus Sicht der PKV die Finanzierung der mit der Beteiligung der PKV an der gematik verbundenen (Hardware-)Ausstattungs- und Betriebskosten der Leistungserbringer nicht hinreichend sichergestellt. Die PKV hat bereits und wird auch zukünftig erhebliche Summen für die Ausstattung von Leistungserbringern und den Betrieb der technischen Infrastruktur investieren. In der PKV können derartige Leistungen allerdings grundsätzlich nur kalkuliert und finanziert werden, wenn es sich um vertragstypische Leistungen der Krankenversicherer handelt. Insbesondere im Hinblick auf die Bestandsverträge in der PKV, bei welchen eine Ergänzung der neuen digitalen Dienstleistungen in den vertraglichen Abreden nicht ohne weiteres möglich ist, bedarf es der Unterstützung des Gesetzgebers. Es muss insoweit klargestellt bzw. gesetzlich geregelt werden, dass alle digitalen Services im Gesundheitswesen Teil der Versicherungsleistungen der PKV-Unternehmen sind. Auf dieser oder einer vergleichbaren Grundlage (siehe unten) wäre es möglich, die Kosten der PKV im Zusammenhang mit dem Betrieb und der Nutzung der TI und seiner Anwendungen kalkulatorisch abzubilden. Auch für die Beihilfeträger würde insoweit eine belastbare Grundlage geschaffen.
§ 362 SGB V sollte daher dahingehend erweitert werden, dass es sich bei den Kosten der PKV im Zusammenhang mit dem Betrieb und der Nutzung der TI um Versicherungsleistungen handelt, beispielsweise durch Ergänzung folgenden Satzes / Absatzes:
„Die Unternehmen der privaten Krankenversicherung und die Träger der Kosten in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen nach beamtenrechtlichen Vorschriften können die Nutzung der Telematikinfrastruktur und deren Anwendungen durch die Versicherten als Versicherungsleistungen zur Verfügung stellen.“
Nutzung von Datenspenden auch für PKV-Versicherte (§ 363 SGB V)
Die PKV ist daran interessiert, ihren Versicherten die Nutzung der Funktionalitäten der TI in gleicher Weise wie den GKV-Versicherten zugänglich machen zu können, was letztlich auch die Möglichkeit der Spende von (Gesundheits-)Daten aus der ePA für die Forschung einschließt. § 363 SGB V, der die Spende von ePA-Daten zu Forschungszwecken regelt, ist aktuell nur auf Versicherte der GKV anwendbar. Eine entsprechende Anwendung dieser Regelungen zur Spende von (Gesundheits-)Daten aus der ePA zu Forschungszwecken ist für Versicherte der PKV nicht in § 362 SGB V vorgesehen; die für die PKV anwendbare Regelung zu den (technischen) Ausstattungsmerkmalen der ePA in § 342 Abs. 2 Nr. 4 lit. b) SGB V läuft insofern ins Leere. Es bedarf daher einer gesetzlichen Klarstellung in § 362 SGB V, dass die in § 363 SGB V geregelte Forschungsdatenspende auch für PKV-Versicherte entsprechend anwendbar ist.
Soweit sich die Forschungsdaten künftig zu einem nicht unerheblichen Teil auch aus den Daten der PKV-Versicherten speisen werden, erscheint es zudem geboten, dass auch die PKV (bspw. über das Wissenschaftliche Institut der PKV - WIP) Zugang zu den mittels der Datenspenden generierten Daten erhält.
Nationales Gesundheitsportal (§ 395 SGB V)
Nach § 395 Abs. 1 SGB V errichtet und betreibt das Bundesministerium für Gesundheit ein Nationales Gesundheitsportal, über das Gesundheitsinformationen zur Verfügung gestellt werden. Zudem sollen die Bürgerinnen und Bürger nach § 395 Abs. 2 SGB V bei ihrer Suche nach einem bestimmten vertragsärztlichen Leistungserbringer unterstützt werden. Die KBV übernimmt dabei die Aufgabe, Daten zu den vertragsärztlichen Leistungserbringern zu erheben und dem Nationalen Gesundheitsportal zu übermitteln. Die Vorschrift des § 395 SGB V ist über § 362 SGB V nicht direkt auf die PKV anzuwenden. Nach dem Wortlaut der Gesetzesbegründung sollen die Daten aus dem Nationalen Gesundheitsportal indes allen Bürgerinnen und Bürgern zugänglich gemacht werden, d.h. der Zugang soll nicht auf gesetzlich Versicherte beschränkt werden. Da auch Privatversicherte ein Interesse daran haben, Informationen des Nationalen Gesundheitsportals zu nutzen, sollte § 395 SGB V über einen Verweis in § 362 SGB V auch für Privatversicherte Anwendung finden.
Überdies wäre es im Sinne eines umfassenden Informationsportals ggf. sinnvoll, wenn nicht nur die vertragsärztlichen Leistungserbringer, sondern auch alle weiteren Leistungserbringer, insbesondere auch die rein privat abrechnenden, in dem Portal aufgeführt werden. Hierfür sollte der Gesetzgeber zumindest die notwendigen Grundlagen schaffen.
Schaffung praktikabler datenschutzrechtlicher Rahmenbedingungen
Für die PKV hat der Schutz der hochsensiblen (Gesundheits-)Daten ihrer Versicherten bei der Nutzung der TI-Services höchste Priorität. Die PKV legt bei der Ausgestaltung des Zugangs und der Nutzung der verschiedenen TI-Services für ihre Versicherten größtes Augenmerk darauf, dass die notwendigen Erfordernisse des Datenschutzes und der Datensicherheit umfassend berücksichtigt werden.
Für die GKV enthält das SGB V umfangreiche datenschutzrechtliche Vorgaben und Regelungen, welche nicht zuletzt durch das PDSG weiter ausgeformt und detailliert wurden. Die PKV wird hierbei nur an einzelnen Stellen unmittelbar erfasst. Der aktuell maßgebliche Rechtsrahmen für die PKV bestimmt sich entsprechend grundsätzlich (allein) aus der DSGVO bzw. dem BDSG. Diese allgemeinen datenschutzrechtlichen Bestimmungen sind naturgemäß nicht in jeder Hinsicht für das Angebot der Nutzung der TI durch die Versicherten zugeschnitten bzw. passend. Auch für die Versicherer wären an verschiedenen Stellen klare Regelungen und Vereinfachungen, wie sie für die GKV Anwendung finden (vgl. dazu bspw. unsere Ausführungen zu § 307 SGB V), wünschenswert. Insgesamt wären praxistaugliche Regelungen zum Datenschutz für alle (PKV-)Beteiligten hilfreich, welche auch die spezifischen Erfordernisse hinreichend abbilden – dies nicht zuletzt aus Gründen der Rechtssicherheit und Transparenz.
Folgende (nicht abschließende) Beispiele verdeutlichen die Herausforderungen der PKV bei der datenschutzrechtlichen Ausgestaltung der TI-Services für Privatversicherte:
- Sinnvoll erschiene, wenn (z.B. als Bestandteil der Rechtsverordnung nach § 361a Abs. 6 SGB V) ein mit den Datenschutzaufsichtsbehörden abgestimmtes Einwilligungsmuster, das insbesondere Art. 7 DS-GVO und § 203 StGB berücksichtigt, zur Verfügung gestellt wird, um Rechtsunsicherheiten in der Praxis zu vermeiden.
- Der neue § 290 Abs. 4 SGB V erlangt im Lichte der DSGVO allenfalls im Rahmen der Abwägung von Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO Relevanz im Hinblick auf die Rechtsgrundlage für die Verarbeitung. Eine klarere datenschutzrechtliche Ermächtigung wäre wünschenswert.
- Bei § 361a SGB V fehlt aus Sicht der PKV insbesondere auch ein Hinweis auf Art. 7, 13 und 14 DSGVO, die Anforderungen an eine informierte Einwilligung sowie der Hinweis auf Art. 32 DSGVO bzw. die technische Ausgestaltung oder zumindest ein Hinweis darauf, welche / wessen Vorgaben maßgeblich für die Informationssicherheit einzuhalten sind.
- Aus Sicht der PKV erscheint es wünschenswert, eine zweckändernde Verarbeitung (§ 361a Abs. 6 SGB V) zur Vermeidung von Widersprüchen zu Art. 6 Abs. 4 DS-GVO vorzusehen (z.B. wenn Daten zu statistischen Zwecken anonymisiert werden).
- Aspekte der bestehenden bzw. zukünftigen Anforderungen an die Informationssicherheit (welche nicht mit IT-Sicherheit gleichzusetzen ist) sind nur punktuell im SGB V geregelt – konkretere, einheitliche Vorgaben ggf. unter Einbindung des BSI wären sinnvoll.
Es sollten daher punktuell eindeutige und praktikable datenschutzrechtliche Regelungen für die gemeinsame Nutzung der TI durch GKV und PKV geschaffen werden, um die Anwendungssicherheit bei gleichzeitiger Rechtssicherheit für sämtliche Nutzer im Sinne des „Gesundheitsnetzes für alle“ sicherzustellen, ohne allerdings überbordende, zusätzliche Verwaltungs- und Dokumentationserfordernisse zu schaffen, welche die praktische Nutzung der TI-Services zu sehr verkomplizieren und damit unattraktiv machen. Dabei sollten auch datenschutzrechtlich Vereinfachungen, wie sie für die GKV geschaffen wurden, auf die PKV übertragen werden.
Abbildung von Services der elektronischen Patientenakte und digitalen Anwendungen in den Tarifbedingungen der PKV
Auch die Unternehmen der PKV sind schon lange bestrebt, ihren Versicherten digitale Innovationen in der Gesundheitsversorgung, wie DiGA und ePA, möglichst rasch und umfassend zur Verfügung zu stellen. Sie möchten insoweit einen wesentlichen Beitrag zur zukunftsgerichteten Weiterentwicklung des gesamten Gesundheitssystems zum Nutzen aller Versicherten leisten. So hat auch schon die vom Bundesministerium für Gesundheit unterstützte CHARISMHA-Studie im Jahr 2016 festgestellt, dass PKV-Unternehmen hier eine Vorreiterrolle für ihre Versicherten einnehmen: „Insgesamt bieten private Versicherungsunternehmen häufiger Apps für ihre Versicherten an, als dies gesetzliche Krankenkassen tun. Mögliche Gründe hierfür sind eine höhere Flexibilität innerhalb der Unternehmen und eine höhere wettbewerbliche Relevanz.“
Allerdings erfolgen die Leistungen gerade im Bereich der DiGA aktuell nicht flächendeckend und auf rechtsunsicherer Grundlage, da die strengen (gesetzlichen) Rahmenbedingungen für die PKV dies noch nicht abbilden. Gleiches wird für viele Services im Zusammenhang mit den Anwendungen der TI, insbesondere der ePA, und für durch diese eröffnete neue Möglichkeiten der digitalen Gesundheitsversorgung der Fall sein. Wenn es der erklärte Wille des Gesetzgebers ist, diese als Schlüsseltechnologien allen Versicherten unabhängig von ihrem Versicherungsstatus zur Verfügung zu stellen, muss den Unternehmen der PKV eine entsprechende Abbildung von Services zu den Anwendungen der TI, aber auch der DiGA in ihren jeweiligen Tarifbedingungen ermöglicht werden.
Die ePA, aber auch die DiGA, eröffnen vielfältige Möglichkeiten, um Menschen bei der Erkennung und Behandlung von Krankheiten sowie auf dem Weg zu einer selbstbestimmten gesundheitsförderlichen Lebensführung zu unterstützen. Die PKV unterstützt das gesetzgeberische Ansinnen, Versicherten einen Anspruch insbesondere auf eine ePA und auf DiGA zu geben. Die Einbeziehung in bestehende Krankenversicherungstarife würde auch die dauerhafte Finanzierung entsprechender Leistungen absichern und entsprechende Angebote der PKV-Unternehmen befördern. Aufgrund der aufsichtsrechtlichen und versicherungsvertragsrechtlichen Vorgaben ist eine Änderung bestehender Versicherungsverträge allerdings nicht ohne weiteres möglich, sondern vielmehr nur zulässig, wenn die Änderung aufgrund einer Veränderung der Verhältnisse des Gesundheitswesens zur hinreichenden Wahrung der Belange der Versicherungsnehmer erforderlich erscheint (§ 203 Abs. 3 VVG). Die Voraussetzungen, auch die Angemessenheit der Veränderung, hat ein unabhängiger juristischer Treuhänder zu bestätigen. Der zuletzt über § 33a SGB V eingeführte Anspruch der Versicherten der GKV auf DiGA bezieht sich – ausweislich der gesetzgeberischen Begründung – auf zusätzliche Leistungen, die über die bisherige Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln hinausgehen. Auch aus § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V ist insoweit ersichtlich, dass es sich bei den DiGA um eine neue Leistungsform in der GKV handelt, die nicht unter die „Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln“ fällt. Gleiches gilt in Bezug auf die Anwendungen der TI, allen voran die ePA.
Unter dem Gesichtspunkt der zukunftsoffenen Rechtssicherheit und der systemgerechten, gleichmäßigen Versorgung der Privatversicherten ist eine Verankerung in den Tarifbedingungen der PKV geboten, denn kalkuliert und damit nachhaltig für sämtliche Versichertengruppen finanziert werden können nur tariflich verankerte Leistungen. Letztlich schaffen tarifliche Regelungen auch Transparenz und Verlässlichkeit gegenüber den Versicherten. Die vorstehenden Überlegungen betreffen im Grunde auch (die weiteren) Dienstleistungen im Zusammenhang mit den Anwendungen der TI, z.B. die E-Verordnung /E-Rezept (siehe oben).
Auf diesen Überlegungen begründet sich unser Ansinnen, eine versicherungsvertragsgesetzliche Grundlage zu schaffen, welche bspw. in Form einer Ergänzung des § 192 Abs. 3 VVG um folgenden Satz 2 umgesetzt werden kann:
„Satz 1 gilt auch für die Versorgung mit digitalen Gesundheitsanwendungen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der medizinisch notwendigen Heilbehandlung wegen Krankheit oder Unfallfolgen sowie Schwangerschaft und Entbindung stehen und diese unterstützen, und Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Nutzung der Telematikinfrastruktur und deren Anwendungen durch die Versicherten.“
(Hinweis: Klarstellend handelt es sich im Hinblick auf die „Nutzung der Telematikinfrastruktur und deren Anwendungen durch die Versicherten“ um eine zu bevorzugende Alternativgestaltung zum Regelungsvorschlag unter „Sicherstellung der Finanzierung - § 362 SGB V“.)
Alternativ zur vorgenannten (dauerhaften) Änderung des § 192 Abs. 3 VVG wäre zur Einbindung von Leistungen im Zusammenhang mit den neuesten digitalen Entwicklungen im Gesundheitswesen als Minimallösung auch eine befristete Sonderanpassungsbefugnis bezüglich unserer bestehenden Tarifwerke vorstellbar. Systematisch sinnvoller Regelungsort könnte insoweit das Einführungsgesetz zum VVG (VVGEG, dort bspw. als neuer Abs. 5) sein. Im Ergebnis scheint uns jedoch eine Änderung des § 192 VVG rechtsdogmatisch die bessere Lösung zu sein, da sie dauerhaft manifestiert, dass die mit einer Heilbehandlung im Zusammenhang stehenden DiGA und die Anwendungen der TI als Regelleistung eines privaten Krankenversicherungsvertrages vereinbart werden können und diese nicht mehr nur im Individualfall erstattet werden.
Klarstellend ist mit der vorgeschlagenen Änderung des VVG bzw. VVGEG ausdrücklich keine Befugnis verbunden, die Beiträge zur PKV anzupassen. Die Möglichkeit der Prämienanpassung in der Krankenversicherung richtet sich ausschließlich und unabhängig von den vorgenannten Vorschlägen nach § 203 Abs. 2 VVG i.V.m. § 155 VAG.
Zur Vermeidung von Missverständnissen sei hier ausdrücklich gesagt, dass diese Gesetzesänderung sich auf die genannten Anwendungsfälle beschränkt und nicht die Anwendung individualpräventiver Maßnahmen, bspw. Fitness- oder Wellness-Apps, bzw. Anwendungen, an denen Verhaltensbonifikationen anknüpfen, umfasst. Andererseits sollte der digitale Handlungsspielraum der PKV genügend (vertraglichen) Gestaltungsspielraum im Hinblick auf zukünftige – zurzeit noch nicht absehbare – Veränderungen und Weiterentwicklungen der digitalen Möglichkeiten im Gesundheitswesen gewähren; auch in Zukunft sollte dies der PKV ohne neue gesetzliche Anpassungen möglich sein.